Offener Brief der SonyBMG als Antwort auf das am 30.10.2006
veröffentlichte Interview mit André Marx unter www.rocky-beach.com
Lieber André Marx,
wir vom EUROPA-Team möchten mit diesem offenen Brief zu Ihrem
Interview Stellung nehmen, das auf www.rocky-beach.com am 30.10.2006
veröffentlicht wurde.
Sie haben sich als Autor der Geschichten rund um die drei Detektive
aus Rocky Beach verdient gemacht und wir haben Ihre spannenden Fälle
immer geschätzt, denn wir wissen, Hörspiele funktionieren nur
mit einem guten Manuskript.
Mit einigem Erstaunen haben wir nun aber Ihre Darstellung der aktuellen
Ereignisse um die Hörspielserien "Die drei ???" und "Die Dr3i" gelesen.
Sie geben in Ihrem Beitrag weitgehend ungefiltert Sachverhaltsdarstellungen
einer Partei wieder, ohne mit den wesentlichen Fakten zum Hintergrund
dieser Meinungsverschiedenheiten oder den grundlegenden urheberrechtlichen
Wertungen vertraut zu sein. Es ist an sich ja guter Brauch, auch
die andere Seite zu hören, bevor man sich als Journalist, Richter
oder eben auch Schriftsteller auf eine bestimmte Position festlegt. Dies
gilt umso mehr für so diskreditierende und aus unserer Sicht völlig
unakzeptable Äußerungen, wie sie sich an etlichen Stellen Ihres
Interviews nachlesen lassen.
Ihre Verärgerung und Frustration über die derzeitige Situation
in allen Ehren – hier gibt es in der Sache doch Entscheidendes zurechtzurücken
und wir würden es begrüßen, wenn Sie dies in einer ruhigeren
Phase bis zu einem gewissen Grade nachvollziehen könnten.
Wir haben uns in unserer öffentlichen Darstellung zum Themenkomplex
bisher extrem zurückhaltend geäußert, um nicht die
Möglichkeiten für eine von uns nach wie vor gewünschte einvernehmliche
Lösung aller Streitfragen zu belasten. Eine entsprechende Zurückhaltung
hat Kosmos bedauerlicherweise nicht an den Tag gelegt, was in der Wahrnehmung
des Konfliktes bei Teilen der Fans und offenkundig auch bei Ihnen zu einem,
wie wir meinen, verzerrten Bild der Faktenlage wie der rechtlichen Bewertung
geführt hat.
Im Kern geht es in dieser Auseinandersetzung um das geistige Eigentum
Robert Arthurs, des Begründers der Serie und des Schöpfers der
auch allen Folgewerken zugrunde liegenden Grundelemente (urheberrechtlich
als "Fabel" bezeichnet). Diese "Fabel" umfasst die bekannten Haupt- und
Nebenfiguren mit ihren individuellen Charaktereigenschaften und Beziehungen,
die typische Szenerie und weitere von Robert Arthur erdachte Komponenten.
Kosmos hat diesen typischen Kernbereich kürzlich selbst wie folgt
beschrieben:
"Die Bücher und die Hörspiele der Serie "Die drei ???" haben
eine hohe wettbewerbliche Eigenart. Diese besteht einerseits im so genannten
Setting, nämlich den stets wiederkehrenden Personen, bestehend aus
den drei Detektiven, nämlich den herangewachsenen Jungen Justus, Bob
und Peter, die beheimatet in Rocky Beach, einem Ort in der Nähe von
Los Angeles, als Hobbydetektive ungelöste Verbrechen aufklären.
Sie bewegen sich in der Regel im Umfeld der Familie, z.B. Tante Mathilda
und Onkel Titus. Die wettbewerbliche Eigenart besteht andererseits in der
romanhaften Verbindung von hobbymäßigen Umfeld mit den entsprechend
eingeschränkten Möglichkeiten der jungen Leute, andererseits
effektiven, aber unpolizeimäßigen Methoden, die in den Vergleich
zu den Möglichkeiten der Polizei gebracht werden, deutlich gemacht
an der Konkurrenz zu ihr, aber auch bisweilen als deren Partner. Sie wird
ferner charakterisiert durch die Kennzeichnung der Detektive selbst als
die drei Fragezeichen (???)."
Alle Rechte daran, diese und andere Kernelemente der Arthur-Werke in
neuen Folgen und Bearbeitungen zu verwerten, sind dem geistigen Eigentum
des Verfassers Robert Arthur zuzurechnen. Sie selbst haben hierzu einmal
in einem früheren Interview aus dem Jahre 2001 Folgendes gesagt:
"Du bist mittlerweile der ‚Drei ???’-Autor, der die meisten Folgen
geschrieben hat. Du hast also den größten Einfluss auf die Serie.
Wie hast du die ‚Drei ???’ geprägt?"
"Den größten Einfluss habe ich nicht, sondern den hatte
Robert Arthur, als er den Grundstein für die Serie legte … ich orientiere
mich an den Wurzeln der Serie, da sie für mich stärker präsent
sind als die Neuerungen."
Inhaber der Urheberrechte an den zehn Arthur-Werken und der ihnen zugrunde
liegenden "Fabel" sind Robert Arthurs einzige Kinder und Erben Elizabeth
Ann Arthur und Robert Andrew Arthur. Hieran gibt es keinen vernünftigen
Zweifel. Auch der Verlag Random House, Inc., der bekanntlich rund 30 Jahre
lang Nutzungsrechte besaß, die von Robert Arthur abgeleitet waren,
hat den Kindern/Erben Robert Arthurs gegenüber ausdrücklich schriftlich
bestätigt, dass diese die alleinigen Urheberrechtsinhaber an den Werken
ihres Vaters sind.
Die urheberrechtliche Ausgangslage lässt sich sehr einfach beschreiben:
Alle späteren - auch die von Ihnen geschriebenen - Folgen der Serie,
die auf charakteristische Elemente der Arthur-Werke zurückgreifen,
gelten urheberrechtlich als "Bearbeitungen" dieser Arthur-Werke. Nach §
3 des Urheberrechtsgesetzes werden Übersetzungen und andere Bearbeitungen
eines Werkes, die persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters
sind, wie selbständige Werke geschützt. Nach dem ausdrücklichen
Wortlaut der Vorschrift gilt dies aber nur "unbeschadet des Urheberrechts
am bearbeiteten Werk". Damit ist nach einhelliger Auffassung der Gerichte
und der einschlägigen Kommentarliteratur der Vorrang von § 23
UrhG sichergestellt. Dort heißt es nämlich:
"Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur
mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes
veröffentlicht oder verwertet werden."
Diese Zustimmung der Kinder/Erben des Urhebers aber liegt für
die seit 2005 veröffentlichten neuen Bücher und erst recht für
die kürzlich angekündigten "Die drei ??? Kids"-Hörspiele
nicht vor. Insofern verletzt jeder, der solche von den Arthur-Kindern/Erben
nicht autorisierten Folgen verfasst, vervielfältigt oder verbreitet,
das geistige Eigentum Robert Arthurs. Dies gilt völlig unabhängig
von den persönlichen Beiträgen, die nach Robert Arthurs Tod von
den verschiedenen Verfassern der Folgetitel erbracht worden sind.
Dies hilft Ihnen vielleicht zu verstehen, weshalb sich die Kinder/Erben
Robert Arthurs völlig zu Recht dagegen wehren, dass ihnen durch die
neuen Bücher und Hörspiele vergütungsfrei die Früchte
der Leistungen ihres Vaters entzogen werden sollen, die von der Rechtsordnung
allein ihnen zugewiesen sind.
Wir sind als Lizenznehmerin gegenüber den Kindern/Erben Robert
Arthurs verpflichtet, diese Rechte - notfalls mit gerichtlicher Hilfe -
durchzusetzen. Eine umfassende Klärung wird, wie von Ihnen erwähnt,
im Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf erfolgen. Die zusätzliche
Beantragung einstweiliger Verfügungen gegen die neuesten Buchfolgen
war allein deshalb unvermeidlich, weil sich Kosmos trotz der in Düsseldorf
bereits erhobenen Klage entschlossen hat, sich auch mit ganz neuen Publikationen
über das Urheberrecht des ursprünglichen Verfassers und seiner
Rechtsnachfolger hinwegzusetzen.
Die geschilderte urheberrechtliche Ausgangslage, also die exklusiven
Rechte der Arthur-Kinder/Erben, hat es auch mit sich gebracht, dass die
künftige Verwertung der Arthur-Werke in Buch- oder Audio-Form nur
zu Konditionen möglich ist, denen eben diese Kinder/Erben des Verfassers
zustimmen. Eine zentrale Voraussetzung für jede Lizenzerteilung durch
die Kinder/Erben war und ist es nach deren freier Entscheidung, dass Kosmos
anerkennt, dass das Symbol "???" ebenfalls den Kindern/Erben zusteht und
nur mit deren Zustimmung eingesetzt werden kann. Diese Bedingung erscheint
insofern verständlich, als das Zeichen "???" ja schon in den ersten
Arthur-Werken als das "Markenzeichen" der drei Detektive beschrieben wurde
und auch nach der oben zitierten Formulierung von Kosmos die drei Detektive
selbst als "Die drei ???" charakterisiert worden sind.
Wie dem auch sei, selbst wenn Sie diesen Standpunkt der Kinder/Erben
nicht teilen sollten, bleibt es jedenfalls ein weder von uns noch von Kosmos
zu änderndes Faktum, dass die Kinder/Erben ohne die von ihnen erwartete
"Rückübertragung" dieser Zeichenrechte keine Zustimmung zur künftigen
Verwertung der Arthur-Werke durch Kosmos erteilen werden. Vor allem deshalb,
weil Kosmos diese Voraussetzung nicht erfüllen wollte, sind die seinerzeit
ohne unsere Beteiligung geführten Verhandlungen zwischen Kosmos und
den Arthur Kindern/-Erben und auch die im Anschluss hieran von uns initiierten
Bemühungen um eine Gesamtlösung unter Einschluss von Kosmos bisher
gescheitert. Da folglich eine Zustimmung der Arthur-Kinder/-Erben zur weiteren
Werkverwertung durch Kosmos nicht erteilt worden ist, stellt nach unserer
Überzeugung jede neue Buch- oder auch Hörspielveröffentlichung
durch Kosmos oder USM eine Urheberrechtsverletzung dar. Genau diesem Vorwurf,
neue Bearbeitungen auf Basis der Arthur-Werke ohne ausdrückliche Zustimmung
der Kinder/Erben zu publizieren, wollten und wir uns nicht aussetzen. Nur
aus diesem Grunde haben wir uns – nachdem alle unsere Bemühungen Kosmos
"ins Boot zu holen" erfolglos geblieben waren – entschlossen, einen
umfassenden Vertrag mit den Kindern/Erben Robert Arthurs abzuschließen,
um die Hörspielserie auf legale Weise fortsetzen zu können.
Die Tür für Verhandlungen ist nicht zugeschlagen. Es
liegt aber nicht in unserer Macht, ob und wann sich auch Kosmos dazu entschließt,
auf bestimmte, von den Kinder/Erben Robert Arthurs und damit den Inhabern
des geistigen Eigentums an den Ursprungswerken als unerlässlich erklärte
Voraussetzungen einzugehen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr EUROPA - Team |