Pünktlich zum 30-jährigen Hörspieljubiläum von "Die drei ???" bringt der Kieler falkemedia Verlag das Buch "Die drei ??? - 30 Jahre Hörspielkult" auf den Markt. Im typischen "Die drei ???"-Look, mit schwarzem Hardcover-Einband und vielen hochwertigen und großen Bildern, präsentieren die Autoren Christian Bärmann und Jörn Radtke sowie der für die Fotos verantwortliche Uwe Tölle Einblicke hinter die Kulissen der drei ???-Hörspiele. Auf 164 Seiten kommen Macher und Beteiligte der Serie zu Wort, so zum Beispiel die drei Originalsprecher Oliver Rohrbeck, Jens Wawrczeck und Andreas Fröhlich, die Produzentin Heikedine Körting, Regisseure, Autoren und Musiker.
Das klingt interessant, ist es aber nicht. Mit "30 Jahre Hörspielkult" ist es im Grunde wie mit einer Frauenzeitschrift. Jede Menge bunte Bilder, der Informationsgehalt ist gleich Null. Für den stolzen Preis von 24,90 Euro bekommen Fans nur das geboten, was sie sowieso schon wissen oder leicht im Internet kostenlos nachgucken können. Aussagen wie "Tipp: Der gemeinsame Auftritt in der Sendung mit Frank Elstner [i.e. 'Die Montagsmaler'] kann bei 'You Tube' angesehen werden" sind nun wirklich keine Neuigkeit. Auch dass sich die drei Sprecher erst zusammenraufen mussten und die Jungs früher auch oft in Hamburg bei Frau Körting übernachtet haben, ist ein alter Hut. Von, laut Buchrücken, "privaten Einblicken, die es in dieser Form noch nicht gab" kann da wohl nicht die Rede sein.
Leider merkt man auch, dass dieses Buch wohl recht schnell "zusammengeschrieben" wurde. Anders lässt es sich wohl nicht erklären, dass sich viele Dinge inhaltlich innerhalb weniger Seiten wiederholen. Wird in der Biografie von Oliver Rohrbeck erwähnt, dass er Andreas Fröhlich von der Schule kannte, so kommt genau das dann wieder in der Biografie von Andreas Fröhlich vor. Von Redakteuren des Fachmagazins "hörBücher" – ich zitiere hier nur, was auf dem Buchrücken steht - hätte man definitiv mehr Tiefgang und intensivere Recherche erwarten können. So aber wirkt das ganze Buch als die Aneinanderreihung längst bekannter Fakten und Phrasen, schön drapiert um große bunte Bilder. Gerade zum Ende hin wirkt das Buch eher wie ein "Die drei ???"-Werbekatalog, denn was sonst kann man aus ganzen 15 Seiten, die alle bisher erschienenen CDs abbilden, "herauslesen" – zu lesen gibt es da jedenfalls nichts.
Positiv zu bewerten hingegen ist allenfalls für Hörspieleinsteiger das Interview mit Regisseurin und Produzentin Heikedine Körting sowie der Cutterin und Regisseurin Hella von der Osten-Sacken. Für Leute, die nicht in den Medien arbeiten, bietet dieses einige interessante Einblicke in die Arbeit, die ein Hörspiel mit sich bringt. Denn das besteht natürlich aus viel mehr als dem reinen Skript und den Sprachaufnahmen. Vor allem jüngere Fans, die sich noch wenig mit der technischen Seite der Klangkunst befasst haben, können hier sicherlich einiges Neues erfahren. Für die "alten Hasen" hingegen ist das ebenfalls nicht neu, alles schon tausendmal gehört, gesehen und gelesen.
Insgesamt soll sich das Buch wohl eher an die Fans richten, denn für "Neulinge" ist "Die drei ??? - 30 Jahre Hörspielkult" eher ungeeignet, werden hier doch viele Dinge einfach vorausgesetzt. Worum es bei dem dreijährigen Rechtsstreit zwischen Sony BMG und KOSMOS genau ging und worin die Einigung bestand, wird an keiner Stelle erwähnt, vielmehr wird erst in der Mitte des Buches überhaupt darauf eingegangen und das auch nur in einem Halbsatz. Ähnlich knapp wird dann auch am Ende der Rechtsstreit mit Carsten Bohn um die "Originalmusik" gehalten. Zudem werden Informationen einfach vorausgesetzt. So wird beispielsweise gesagt, viele Eltern hätten ihren Kindern wohl die Hörspiele gekauft, weil Alfred Hitchcock drauf stand und das für Qualität stehe. Dass die Serie ursprünglich auf Robert Arthur zurückgeht, wird nicht erwähnt. Hätte man als "hörBücher"-Redakteur aber wissen können.
Ärgerlich finde ich auch, dass zwar ständig von der Generation "Kassettenkinder" gesprochen wird, aber an keiner Stelle auf das gleichnamige und wirklich gelungene Buch "Das Erbe der Kassettenkinder" von Annette Bastian (Eccomedia-Verlag, 2003) eingegangen wird, das zum einen den Begriff geprägt hat und zum anderen sich mit dem Phänomen des Kults um alte Kinderhörspiele befasst und dieses nebst einer ausführlichen Bibliografie erläutert.
Überhaupt hatte ich beim Lesen den Eindruck, dass es den Autoren weniger um die Fans und die Ergründung des Kults ging als um die positive Darstellung des "Die drei ???"-Plattenlabels. Zwar kommen von den Machern vor und hinter den Kulissen Analyseversuche, warum "Die drei ???" so erfolgreich sind, diese Versuche beschränken sich aber auf die üblichen Aussagen wie "die Fans wollen sich ihre Kindheit bewahren" und "wir können uns das eigentlich auch nicht wirklich erklären".
Warum, so frage ich mich, schreibt man ein Buch über einen Kult und lässt die, die an dem Kult maßgeblich beteiligt sind, mit keiner Silbe zu Wort kommen? Warum wurden beispielsweise keine Fans interviewt, warum wurde nicht auf Kultelemente wie Fanhörspiele oder Fanfilme eingegangen? Wenn man schon von den Machern im Buch immer wieder erläutert bekommt, dass ihnen das Phänomen bis zur "Master of Chess"-Tour 2002/2003 gar nicht so bewusst war, sollte man dann nicht eher diejenigen das Phänomen erklären lassen, die es ins Leben gerufen haben? Ein Kult geht immer von den Fans aus, nicht vom Produkt und dessen Machern.
Wer dennoch sein (Taschen-)Geld in bereits Bekanntes investieren möchte, dem sei das natürlich unbenommen.
Saskia von der Burg (rocky-beach.com), 23.11.2009
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