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Drei ???-Themen die in kein bestehendes Forum passen oder auch das Sammelsurium

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1362) Choronzon © schrieb am 20.10.2014 um 14:48:46: Den Film hatte ich schon nicht mehr wirklich auf dem Zettel, aber das ist genau diese pseudodramatisierende eindimensionale Verengung des Charakter, um ihn an ein breites Publikum "plausibel" motiviert verkaufen zu können, die ich meine. Das bietet sich scheinbar einfach an, macht JJ dann aber sofort zum Hollywood-Klischee.
1361) kaeptn kidd © schrieb am 20.10.2014 um 13:52:40: Abwegig oder nicht, die Filmemacher hat es jedenfalls nicht davon abgehalten, aus dem Verlust seiner Eltern, dem "rätselhaften Unglücksfall", die Wurzel von Jupiters Verhalten und DIE Motivation hinter seiner fast schon zwanghaften Rätsellöserei zu stricken. Zumindest im ersten Film ist das ein wesentliches Thema (oder war's der zweite? Weiß nicht mehr …).
Ich kann allerdings nicht beurteilen, ob diese Tatsache historisch belegt ist und wirlich irgendwo geschrieben steht, oder ob sie schlicht der künstlerischen Freiheit der Filmemacher entsprungen ist (wie so vieles andere auch). Ich persönlich finde es jedenfalls auch etwas weit hergeholt.
1360) Choronzon © schrieb am 18.10.2014 um 01:28:29: Da ist der Unterschied, dass ich das Psychologisieren allgemein insofern gefährlich finde, weil man dann schnell meint, damit den Schlüssel für alles zu haben. Mir ist klar, dass Du ihn gerade nicht pathologisch siehst, aber dahin ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Das sieht man bei der "Strasse des Grauens", wo JJ spielend zum Nutcase wird, wenn man ihm bei seiner relativen Bindungslosigkeit leicht eine obskure emotionale Obsessivität einschreiben kann und ihn zum wilden Rächer seiner und unserer Kindheit macht mit der Jagd nach dem geraubten "Vater" Reynolds. Das ist meine Haltung, wenn es sich nicht zwingend aus dem Text ergibt und ich meine immer nur die Klassiker, kann ich nicht zu ähnlichen Ergebnissen kommen. So finde ich die Begründung für die Funktion von JJs Waisentum nicht einleuchtend, weil einfach andere Faktoren ein so stark sentimentales Motiv bei ihm überstrahlen, aber sicher gibt es das Element auch. Darum habe ich anfangs Dickens erwähnt, Mitleid mit dem Waisen ist ganz wichtig für eine Bindung an diesen Charakter. Da endet es für mich aber. Murphy hat es schon gesagt, man weiss einfach zu wenig über die Umstände und vor allem das Alter des Jungen bei dem Unfall. Ansonsten hat Du recht, ein echter Diskurs fehlt hier, aber Stichwortgeber ist wohl etwas übertrieben, wenn man allein die Textmasse miteinander vergleicht.
1359) Arbogast © schrieb am 17.10.2014 um 23:18:03: @ Choronzon Sorry, das wird mir jetzt wirklich zu mühsam und unergiebig. Du scheinst nur das aus meinen Zeilen herauszulesen, was Dir gerade in den Kram passt, zur Not auch um den Preis der inhaltlichen Verfälschung (*). So macht ein echter Dialog allerdings keinen Sinn. Stichwortgeber bei einem Selbstgespräch zu sein, reizt mich nicht.

(*) Ich sehe Justus' Hintergrund überhaupt nicht als pathologisch an. Das habe ich aber auch schon mehrfach betont. Für mich hat er eben keinen an der Pfanne. Ich verwende aber auch nicht die Begriffe psychologisch und pathologisch synonym.

@ Murphy Wenn's aus den Büchern nicht hervorgeht, scheint mir eine Diskussion darüber wenig sinnvoll. Ich sprach ja von InterpretationsSPIELRÄUMEN, nicht mehr, nicht weniger.
1358) Mr. Murphy © schrieb am 17.10.2014 um 21:25:56: @ Arbogast (1350) = Aus den Büchern geht nicht hervor, wie jung Justus war, als er seine Eltern verlor. War er noch so jung, dass er es gar nicht mitbekommen hat? (Das würde bedeuten, er wuchs bei Onkel und Tante auf und erfuhr erst später von ihnen, dass seine Eltern gestorben sind.) Ist zwar im Gesamtkontext eine Kleinigkeit, aber eine wichtige Kleinigkeit.
1357) Choronzon © schrieb am 17.10.2014 um 20:46:39: Ich sehe in Deinem Ansatz aber eine Überinterpretation und das Pathologische als Konsequenz daraus. Um es mal ganz platt zu sagen, Bruce Wayne/Batman hat irgendwo einen an Pfanne, JJ würde ich sagen nicht. Man kann das natürlich so sehen wie Du, aber die Texte geben das einfach nicht her.
1356) Arbogast © schrieb am 17.10.2014 um 20:22:00: @ Choronzon Wir drehen uns ein Stückweit im Kreis, fürchte ich. Da ich aber gerade wieder zeitlich etwas knapper bin, nur eine kurze Anmerkung:
Du solltest das Beleuchten eines PSYCHOLOGISCHEN Hintergrund nicht immer gleichsetzen mit einem PATHOLOGISCHEN Hintergrund. Nicht jede psychologische Deutung kommt einer Diagnose gleich. Das ist mir schon häufiger aufgefallen. Dabei scheint es sich also um ein grundsätzliches Missverständnis zu handeln.


1355) Hunchentoot © schrieb am 17.10.2014 um 18:56:05: @Choro Die Sache mit Arthur, die du erwähnt hast, hat mich nochmal ein bisschen durch seine biographischen Daten schmökern lassen. Es ist echt schön, die Bilder von Cape May zu sehen. Klar, es mag nicht identisch sein, aber irgendwie schreit jedes einzelne Bild nach Rocky Beach, imo. Wenn man dann noch ein bisschen Santa Barbara hinzumischt, ist eigentlich alles paletti. Immer gut, ab und zu mal seine Erinnerung aufzufrischen
1354) Sokrates © schrieb am 17.10.2014 um 18:18:19: @Janet#1352: Erstanlich aber wahr! T. gibt es auch beim Menschen, wenn auch extrem selten. Dasselbe hatt' ich A.Marx zum "Auge des Drachen" gefragt - ja "damals", als es die Fragebox noch gab. So gesehn ist es natürlich höchstunwahrscheinlich, dass es 2 Fälle auf so engem Raum (Rocky-Beach) gibt ;)
-> www.rocky-beach. com/forum/ box/sept_box_alt01.html [Leerzeichen raus; von mir ist #14]
1353) Choronzon © schrieb am 17.10.2014 um 18:18:17: @Arbogast Tja, da gab es ja viel zu lesen, aber zwingende neue Argumente oder Textbelege finden sich nicht. Ich habe einen Beleg aus dem GS gegeben, wo Mrs Andrews JJ eindeutig als zu erwachsen und damit frei empfindet, sie befürchtet deutlich einen negativen Einfluss dadurch. JJ ist unfreier? Er hat viele Dinge, die ein normales Kind nicht hat, darum dieses Setting. Warum sonst hätte RA das wählen sollen? Mathilda lässt JJ tausend Dinge gewähren, die keine Mutter erlauben würde, eben die Geheimniskrämerei, die Zentrale, eine eigene Werkstatt und die Verwendung des Lastwagens wie Patrick/Kenneth als Fahrer. Dass da gearbeitet wird und die Tante scheucht, ist in einem Familienbetrieb normal, aber das Gros machen ja wohl P/K und die Fragezeichen können sich hier noch was verdienen. RA hat in der gelegentlich drakonischen Tante mehr seinen eigenen Zustand damals illustriert, er musste, als erwachsener Mann mit eigenen Kindern, wieder bei seiner Tante einziehen, also eine nach damaligen Verhältnissen und Vorstellungen absolut gescheiterte Person. So ist ein Erwachsener, eingesperrt in einen Knabenkörper eine wirklich logisch entwickelte Figur, die sich automatisch von den Normalos Bob und Peter absetzt. Seine Niederlage in einen Sieg umzumünzen, ist Robert Arthurs später Triumph geworden. Das Waisentum erlaubt die Differenz. Aber JJ macht das einfach zu keinem Bruce Wayne. Die Erfahrung eines plötzlichen Todes ist schrecklich, aber daraus eine detektivische Motivation zu konstruieren, halte ich für abwegig, eben weil es keinen Täter, keine Absicht hinter dem Tod gibt, anders als beim jungen Batman. Vielleicht hätte das einen Theologen oder einen Autodesigner gemacht, aber wie will JJ das blinde Schicksal durch Rätselknacken korrigieren wollen? Einen Detektiv macht das nicht, aber bleiben konnten die Eltern auch nicht, eben um das Waisenparadies erschaffen zu können. Wären sie irgendwo, bliebe wirklich immer ein ungeklärter unbewältigter Rest, aber die Eltern sind dahin und eine etwaige Traumatisierung über das normale Maß ist pure Konjektur. Es gibt keinen Textbeleg dafür, eine Pathologisierung des ersten Datektivs nachträglich ist daher unnötig und einseitig reduzierend, wie schon unten gesagt. Das ganze Child-Actor-Ding erklärt nur seine Schauspielbegabung per se, die erstmal nicht selbstverständlich ist bei Kindern und erlaubt Arthur gleichzeitig, JJs Technik der Verstellung zu entlarven, seine leicht kränkbare Eitelkeit dahinter zeigt so, wie stark er an sich selber glauben muss, eben weil es kein echtes Elternteil tut.
1352) Janet © schrieb am 17.10.2014 um 16:32:54: Bin heute über folgenden Artikel gestoßen: http://www.iflscience.com/brain/tetrachromacy-allows-artist-see-100-million-colors Da bin ich natürlich ins Stutzen gekommen, weil ich eigentlich davon ausgegangen war, dass Tetrachromasie in der Realität nur bei Tieren vorkommt. Kann ehrlich gesagt nicht ganz beurteilen, wie seriös der Artikel ist... Meinungen?
1351) Arbogast © schrieb am 17.10.2014 um 11:42:12: Kurze Anmerkung noch (als wäre mein Beitrag nicht schon lang genug ):
Ich denke, oft entscheiden Autoren intuitiv. Ich glaube also nicht, dass Arthur, bevor er die erste Story schrieb, erst einmal eine Abhandlung zu Justus' Vorgeschichte geschrieben hat. Ich glaube, so etwas fügt sich bei einem kundigen, ambitionierten und leidenschaftlichen Schriftsteller oft ganz von selbst.
1350) Arbogast © schrieb am 17.10.2014 um 11:28:53: @ Choronzon So, jetzt finde ich ein wenig Zeit, noch etwas zu Deinen letzten Beiträgen zu schreiben.
Zunächst einmal: Wenn ich von einem biographischen Zustand sprechen, ja auch von einem psychologischen Hintergrund, dann bedeutet es nicht, wie Du zu Recht kritisch anmerkst, dass dann alles auf diese Geschichte reduziert bzw. alles aus ihr heraus abschließend erklärt werden soll. So etwas wäre eine unangemessene Simplifizierung der menschlichen Persönlichkeit, die ich ablehne. Der Mensch ist eben nicht nur die Summe seiner Traumata. Es gehört viel, viel mehr dazu, einen Menschen auch nur ansatzweise zu ergründen - und letztlich schafft man es nie wirklich, denn im Grunde erklärt man die beobachtbaren Phänome immer aus der Rückschau und stößt dort an die Grenzen, wo ähnliche Umstände eine völlig andere Entwicklung nach sich zogen (wie zB bei Geschwistern). Jeder Mensch ist und bleibt Rätsel.
Also: Es war nicht meine Absicht,zu behaupten, Arthur hätte Justus zur Waise gemacht, um damit alles, aber auch wirklich alles zu erklären - seine Exaltiertheit, seine Schlauheit, seine Freude an Rätseln, sein Übergewicht etc. Nein! Darum ging es mir nicht. Mir ging es darum, zu sagen: Arthur streut verschiedene biographische Fetzen ein, die dem Leser einen Hintergrund andeuten, durch den Justus' Andersartigkeit AUCH (nicht NUR!) erklärbar wird. Justus ein harmonisches und behütetes Elternhaus zu geben, wäre seltsam gewesen; vielleicht hätte es auch funktioniert, doch dann hätte man gewisse Dinge anders erzählen oder erklären müssen (nicht auf der Hauptebene des Seriengeschehens, sondern subtil, mehr zwischen den Zeilen).
Ich finde, Arthur macht das ganz famos. Er streut biographische Details ein, die man zur Deutung des Charakters anwenden kann, aber nicht muss. Die Geschichten funktionieren natürlich auch ohne diese Analyse, was richtig und wichtig ist. Aber es zeichnet den verantwortungsvollen Autoren aus, dass er die von ihm in die Geschichten eingeführten Exaltiertheiten nicht einfach dem Leser vor den Latz knallt und verlangt, er solle sich damit begnügen (wie mancher Autor der Neuzeit es offenbar macht), sondern den Hintergrund bereichert mit Details, die diese Figur fassbarer und realistischer machen.
Beispiele:
Justus hat keine Eltern mehr. Er lebt bei seinem Onkel und seiner Tante. Er war Kinderstar in einer lächerlichen Rolle.
Ich möchte die psychologischen Folgen aus diesen drei biographischen Details nicht innerhalb der Serienhandlung aufgedröselt und serviert bekommen, denn all das würde vermutlich auf eine grauenvolle Weise banalisierend wirken. Es darf immer nur angedeutet werden. (Und auch Marx deutet im "Leeren Grab" nur an, er thematisiert Justus' Gefühle in Bezug auf seine Eltern - meiner Erinnerung nach - nicht direkt und ausführlich.)
Wenn ich also feststelle, dass durch einzelne biographische Details eine Figur nie vollständig erklärt werden kann, sondern wir uns über diese Details immer nur ANNÄHERN können, formuliere ich für mich folgende Thesen:
Justus hat als Kind seine Eltern verloren. Durch einen Unfall. Also plötzlich. Sie wurden mit einem Schlag aus seinem Leben gerissen. Waren nicht mehr da, von einem Tag auf den anderen.
Und da schreibst Du, es gebe keine mysteriösen Umstände bei ihrem Tod?
Ganz gleich, ob sie durch einen Verkehrsunfall oder einen Flugzeugabsturz umgekommen sind, ganz gleich auch, ob die Umstände geklärt sind oder nicht - die Erfahrung des plötzlichen Todes der nächsten Angehörigen ist für ein Kind etwas Unfassbares. Ein außerordentliches, ein ungeheuerliches, ein niemals aufzulösendes Rätsel.
Ist es also so weit hergeholt, wenn man sich überlegt, seine Leidenschaft, mysteriöse Vorkommnisse aller Art zu klären und letztlich die (moralische) Ordnung wiederherzustellen, könnte - AUCH! - damit zusammenhängen, dass er selbst vom Schicksal als Kind in ein rätselhaftes Chaos geworfen wurde durch den plötzlichen Tod seiner Eltern?
Justus wächst bei seiner Tante und seinem Onkel auf. Diese sind, wie wir wissen, sehr liebevoll. Tante Mathilda gewährt Justus nicht mehr, sondern eher weniger Freiheiten als "normale" Mütter. Sie wird ja als sehr kontrollierend und bestimmend beschrieben, was aber als durchaus nicht unübliche Mütter-Eigenschaften gelten kann. Nicht sie ist es, die etwas anders macht - für Justus ist es etwas anderes. Du deutest es ja selbst an, wenn Du den möglichen Liebesentzug erwähnst. Die "Bedingungslosigkeit" der Liebe können wir (wenigstens als Kind) nur von den Eltern annehmen, setzen sie sogar voraus. Mathildas und Titus' Liebe ist sicherlich nicht weniger bedingungslos, doch das kommt bei einem Kind, das in Pflegschaft aufgenommen wird, so sicherlich nicht an, nicht in der letzten Gewissheit. Es wird wohl immer das Gefühl haben, sich beweisen zu müssen, sich der entgegengebrachten Liebe und des Engagements für würdig zu erweisen.

Wie gesagt, dies alles steht nicht in den Büchern und sollte auch nicht drin stehen. Aber Arthur gibt uns Details an die Hand, um uns eigene Gedanken dazu machen zu können - wenn (!) wir es denn wollen.
Ich frage also: Kann nicht sein Drang, immer der Erste, immer der Beste, immer der Schlauste sein zu wollen, vielleicht AUCH damit zusammenhängen, dass er das Gefühl hat, sich beweisen zu müssen, nicht weil jemand es verlangt, sondern weil etwas in ihm danach drängt, die eigene Existenz zu rechtfertigen (warum war er nicht bei seinen Eltern, als diese starben? Hätte nicht auch er tot sein können?).

Als Letztes sei die Kinderstar-Episode erwähnt, die Justus ja als schmachvoll in Erinnerung hatte und die er am liebsten ungeschehen machen würde. Ich spare mir jetzt eine Erörterung, die vielleicht nicht uninteressant wäre, wer den kleinen Justus denn dazu gebracht hat, in einem solchen Film mitzuspielen und was das aussagen könnte, sondern konzentriere mich einfach nur auf den Umstand, dass er es getan hat und dies als peinlich und unangenehm empfindet. Er hat offenbar seitdem das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden, lächerlich zu sein, so wie die Rolle, die er gespielt hat.
Ist es also so völlig an den Haaren herbeigezogen, wenn man vermutet, dass der Umstand, dass er sich auf eine bis ans Lächerliche grenzende Weise abmüht, erwachsen und überseriös 'rüberzukommen, AUCH damit zusammenhängt, dass er dem inneren Gefühl der Lächerlichkeit, der Unzulänglichkeit, der Unsicherheit entgegenwirken will?
Man muss sich der Figur JJ mal wieder unvoreingenommen zu nähern versuchen. Da ist dieser pummelige Kinderdetektiv, äußerlich vielleicht ein wenig plump, aber scharfsinnig und überaus intelligent, der hochgestochen und geschwollen versucht, mit den Erwachsenen auf Augenhöhe zu sprechen. Das ist, für sich genommen, erstmal lächerlich, und gerade in den Klassikerfolgen muss Justus erst einmal diesen ersten Eindruck der Lächerlichkeit bei seinen erwachsenen Klienten und Geprächspartnern überwinden, um überhaupt ernstgenommen zu werden. Er versucht nicht allein, durch scharfsinnige Schlussfolgerungen zu überzeugen, sondern er müht sich regelrecht ab, einen erwachsenen Eindruck zu vermitteln und wirkt dadurch gerade noch ein bisschen befremdlicher, lächerlicher und wird erst recht nicht ganz ernst genommen - und erringt die abschließende und endgültige Anerkennung, nach der er sich sehnt, schließlich durch die Aufklärung des Mysteriums.

Nicht vergessen darf man zudem auch das Alter des Jungen. Er ist in einem Alter, in dem es - "normalerweise" - noch keine Auszeichnung ist, anders zu sein. Man will sich vielleicht besonders auszeichnen, doch man will nicht anders sein. Justus aber ist anders. Unter anderem AUCH wegen der vorgenannten Punkte. Wenn man die Andersartigkeit als solche nicht auflösen kann, muss man sie befriedigend begründen - und das versucht Justus meines Erachtens. Man darf nicht vergessen: Er wird ja auch abgelehnt aufgrund seiner Andersartigkeit (und nicht allein wegen seiner Intelligenz); das legt die Figur "Skinny Norris" nahe.

Wie gesagt, dies alles ist eine mögliche Lesart, die einem Hinweise darauf geben kann, warum Justus zu dem Jungen geworden ist, den wir mit dem ersten Arthur-Fall kennenlernen. Ich glaube, dass Arthur ihn absichtlich so angelegt hat, mit all den biographischen Details, um dieser außergewöhnlichen Figur einen fassbaren und realistischeren Hintergrund zu geben. Allerdings nicht, um ihn abschließend zu erklären oder ihn zu einem Bündel unverarbeiteter Traumata oder einem Neurotiker zu machen. Ich denke, es ist nicht übertrieben, zu behaupten, dass man so etwas in einer Figur wie JJ AUCH sehen kann. Doch diese Figur macht noch so viel mehr aus. Und er wird ja nicht als depressiver und von Zwangsneurosen gequälter Junge beschrieben, also sollte man diese Herleitungen eher im Hintergrund belassen. Aber wer (für sich) die Figur näher beleuchten möchte, findet im von Arthur geschaffenen Kosmos genügend Ansätze, die Hinweise geben, ohne abschließend alles zu klären. Es ist die große Kunst Arthurs, soviel Spielraum für Deutungen zu lassen, der von den Lesern (und am besten weniger von den nachfolgenden Autoren) mit Eigenleistung und Phantasie gefüllt werden kann. Ohne dass davon die Einzelfolgen berührt werden.
Und nochmal: Biographische Details erklären nicht alles. Sie können aber Annäherungen an eine Figur, eine Person bieten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Und zum Schluss noch zu dem Modell des Waisenkinds in der englischen Literatur. Das stimmt natürlich alles, was Du schreibst, trifft aber hier, wie ich finde, nicht zu. Da gibt es nur äußerliche Parallelen, die aber keinen Bestand haben, wenn man unter die Oberfläche blickt. Justus zeichnet ja nun eben nicht aus, dass er freier ist als alle anderen. Tante Mathilda ist überpräsent, darum verstecken sich Justus und seine Freunde auch in der Zentrale. Tante Mathilda ist das klassische Hindernis, das es wieder und immer wieder zu umschiffen gilt, um sich auf die detektivische Arbeit zu konzentrieren. Justus ist weder freier in der Wahl seiner Mittel (zB Möglichkeit des Vagabundierens, sanktionsfreies Umfeld o.ä.) noch eröffnet sein Waisentum ihm ein größeres Spektrum an Erlebnissen in der großen weiten Welt. Der Handlungsrahmen wird hier eben nicht erweitert wie bei den von Dir erwähnten Beispielen, sondern eher verengt, denn im Vergleich ist Tante Mathilda natürlich viel beschränkender als die Eltern von Bob und Peter. Nein, es geht allein um den Figurenhintergund, behaupte ich, in den hinein dieses so außergewöhnliche Menschenkind eingewoben ist, um ihm einen realistischeren Rahmen zu geben, ohne ihn dabei psychologisch zu demontieren oder gar zu banalisieren. Und dass Arthur all das, was ich hier als mögliche Lesart beschreibe, nie ausfomuliert hat, ist ein großartiger Schachzug gewesen. Er deutet eine Figurentiefe an, ohne sie aber zum Ziel seiner Beschreibungen zu machen. Er zeigt, er hat ein logisches Konzept im Kopf; man merkt, ein logisches Konzept durchfließt seine Zeilen - doch alles bleibt im Ungefähren, um es EBEN NICHT zu verflachen und abschließend zu erklären (wie es ja einigen der Neuzeit-Autoren vorgeworfen wird). Justus soll ein Stückweit Mysterium bleiben, darum kommt nie die Bestätigung, sondern es bleibt bei der Andeutung.
Zu behaupten, diese Andeutungen seien nicht von Belang, führt, meines Erachtens, aber ebenso an der Realität vorbei wie die unterstellte Neigung, alles abschließend an zwei, drei biographischen Details aufhängen und erklären zu wollen.
Sind die aktuellen Autoren klug, dann bewahren sie dieses Erbe des ???-Schöpfers.
1349) Choronzon © schrieb am 16.10.2014 um 15:13:42: Ja, lass Dir Zeit, ich hatte mich auch schon gewundert.
1348) Arbogast © schrieb am 16.10.2014 um 11:14:17: @ Choronzon Sorry, mir fehlt gerade die Zeit für eine ausführliche Replik. Ich reiche sie nach, wenn ich mehr Luft hab. (Dies nur als Erklärung, um den Eindruck des Ignorierens zu verhindern - oder gar der Einsicht inkl. Zustimmung, was noch schlimmer wäre! )

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