bg-color-Chooser
 
  Start
 
  Community
  Bewertungen
  Forum
  Gästebuch
  Fanstuff
  Quiz
 
  Bücher
  Hörspiele
  Filme
  Autoren
  Interviews
  Cover
  Sammlerfälle
  Aiga
  Kids
  Spiele
 
  Archiv
  Lexikon
  A bis Z
  Links
 
  Layout
  Impressum

© 1997-2024 by
rocky-beach.com

Podcasts

Name

E-Mail-Adresse
Text

«  1  2  3  4  5  6  7  8  9  67  68  69  70  71  72  73  157  158  159  160  161  162  163  164  165  166  167  »


1468) Mihai Eftimin © schrieb am 31.12.2021 um 20:29:40: Du warst mal Bibliothekar ...? Irgendwie erklärt das gerade eine ganze Menge. :D Soviel also zu Klischees. Auf der anderen Seite analysiere ich auch immer mal wieder, was mich abholt und warum, und reflektiere mein eigenes Lese- und Hörverhalten, rezensiere dementsprechend, und komme dabei durchaus hin und wieder mal zu denselben Schlüssen wie du, oder zumindest zu Gedankengängen mit ähnlicher Entstehungsgeschichte. Es ist noch nicht zu spät, ich könnte durchaus noch Bibliothekar werden. Darüber denke ich aber dieses Jahr vermutlich nicht mehr nach. Ebenfalls guten Rutsch!
1467) PerryClifton © schrieb am 31.12.2021 um 20:16:21: Mir ist übrigens aufgefallen, dass viele gebrauchte Pepper-Bücher Bibliotheksexemplare sind. Und in unserer Bücherei gab es früher auch PP-Bücher und Hörspiele, daher kenne ich sie nämlich. Wenn ich da jetzt so Rückschlüsse ziehe, dass PP anscheinend früher bei Bibliothekaren gut angekommen ist (die ja immer schon "entschieden" haben, was die Leute lesen sollen) und wenn ich so als Ex-Bibliothekar an mein davon unabhängiges, aber damit übereinstimmendes Lese- und Rezensionsverhalten hier denke... Es gibt kein Entrinnen und Stefan Wolf hatte Recht. Klischees sind immer auch irgendwie wahr. Soweit meine Gedanken zum neuen Jahr Guten Rutsch.
1466) Mihai Eftimin © schrieb am 31.12.2021 um 20:01:13: Sicherlich könnte man hier noch an der Wortwahl feilen, aber anscheinend ist ja klargeworden, was ich meine. Und ja, ich glaube auch nicht, dass die Botschaft, die das "Erbe" vermittelt, so beabsichtigt war. Das meine ich ja mit Vorbildfunktion und so. Aber gut, langsam können wir uns echt mal andere Folgen zum Drauf-rumhacken suchen. Da bieten sich ja schon ein paar an.
Prost! :D
1465) PerryClifton © schrieb am 31.12.2021 um 19:42:37: Na dann Prost ;-) Also ich mag den neueren Typus ja nicht ebenfalls Antiheld nennen, kann aber mit deiner Sichtweise auch gut leben, weil sie Sinn ergibt. Irgendwo auf Wikipedia las ich vorhin, dass der Antiheld immer unweigerlich zum Helden wird, was ja nicht von einem Protagonisten gesagt werden kann, der seine eigenen Werte verrät und dann auch noch versagt. Andererseits ist das ja schon fast wieder eine hochgradig moralische Botschaft, auch wenn ich mir sicher bin, dass das z.B. beim Erbe des Meisterdiebes nicht SO gemeint war ;-) Aber egal, das ist ja nun auch schon wieder 100 Folgen her.
Wie, die Welt richtet sich NICHT danach, was wir hier im Forum wollen? Jetzt brauch' ich erstmal mein Gute-Laune-Teechen *g*
1464) Mihai Eftimin © schrieb am 31.12.2021 um 19:08:35: Alles gut, etwas Denksport ist auch ein guter Zeitvertreib bis Mitternacht. :D
"Ein Toter braucht Hilfe" macht im Grunde alles richtig. Tims Charakter wird auf eine etwas andere Weise erzählt, aber er wird nicht demontiert, darf nur einmal kurz den Antihelden spielen, dann geht aber alles wieder "back to normal". Die Ehre seines Vaters ist gerettet, Tanja kommt wohlbehalten wieder zu Hause an, die Gauner sitzen hinter Gittern, und mit dem Journalisten erfolgt am Ende die Aussöhnung auf indirektem Wege, und alles geht wieder seinen gewohnten Gang und der Tag ist gerettet. Weder für Tim, noch für irgendeinen anderen Protagonisten gibt es eine tiefgreifende charakterliche Veränderung, und TKKG sind wieder mal die Helden des Tages. Eigentlich die perfekte Vorlage, wenn man solchen Stoff mal bei DDF einbauen will.
Böse ist das neue Gut, ja ... oder besser gesagt, der Antiheld ist der neue Held. Es reicht anscheinend nicht mehr aus, dass der Gute einfach vor ein Problem gestellt wird, das er dann unter Verwendung seiner Stärken lösen und dabei seine Schwächen möglichst überwinden muss, immer im Hinblick auf moralische Wertvorstellungen (damit meine ich nicht unbedingt die Regeln der Realität, sondern eher die Regeln der Welt, in der er agiert) und mit dem Ziel richtig zu handeln. Der Held muss heute richtig auf die Schnauze fliegen, und das mit möglichst großem Tamtam, damit der Effekt auch sicher da ist. Der Held muss bisweilen auch mal seine Wertvorstellungen über Bord werfen. Er soll quasi das tun, was man früher den Schurken überlassen hätte. Kann ja auch alles Spaß machen und lustig sein, aber in Kinderbüchern sollte der klassische Heros doch der bevorzugte Typus sein. Nicht, weil irgendwelche Klookschieter auf der rocky-beach.com das "wollen", sondern weil a) durch besagtes Antiheldentum die Vorbildfunktion für Kinder flötengeht, und b) Romane auf dieser Komplexitätsstufe mit dem klassischen Typus einfach besser funktionieren, erst recht wenn sie Teil einer Reihe sind.
Aber für diesen "neuen" Typus stehen diverse heutige DDF-Folgen ja leider symptomatisch ... und seit ich dieses Prinzip auch auf heutige Krimis für Erwachsene anwende, verstehe ich, warum diese ablaufen wie sie ablaufen.
Puh ... ich weiß ja, dass das hier ein Whiskey-und-Zigarren-Format ist, aber so ein kühles Pils hätte jetzt auch was ... :D
1463) PerryClifton © schrieb am 31.12.2021 um 18:30:51: Durchaus. *mit Cognacschwenker herumspiel* ;-)
Ja, bei Ein Toter braucht Hilfe werden tatsächlich die bisherigen Pfade etwas verlassen und Tim wirkt hier auch als Charakter mal ein paar Nummern tiefschürfender, was jedoch additiv wirkt und nicht vorher Etabliertes untergräbt. Insofern ist es sehr gut gelungen und bei TKKG gibt es ja auch noch ein zwei Stellen dieser Art mehr, was man nie vergessen sollte, wenn man mal wieder gegen die "unterlegene" Konkurrenzserie schießen will.
Aber du hast da ein Fass aufgemacht, dessen ich mir noch gar nicht so bewusst war... In meiner Sicht ist der typische Antiheld, wie man ihn z.B. aus Filmen der 80er und frühen 90er kennt (sagen wir z.B. Mad Max) nochmal eine ganz andere Sache als das, was momentan vorherrscht. Jetzt überlege ich gerade, ob es dafür überhaupt eine griffige Bezeichnung gibt. Vielleicht der gescheiterte Held? (Nicht der tragische Held, der ist noch wieder anders.) Jemand, der etwas Nobles tun will und es nicht nur nicht schafft, sondern auch noch dafür geschmäht wird, indem seine Motive dekonstruiert und entwertet werden? (Quasi, das völlige Versagen des Guten; man könnte auch sagen, der Triumph des klassischen Schurken und seine Erhebung zum neuen "Helden"). Im englischen Sprachraum wird sowas auch gerne als "morally grey" verkauft, wobei ich bis jetzt noch keine überzeugende Darstellung dessen gehört habe, was das konkret sein soll, auch wenn es im ersten Moment nach etwas Sinnvollem klingt. Ich könnte noch verstehen, wenn das auf Antihelden angewendet würde, aber meist ist es nur eine Art Entschuldigung für Charaktere, die einfach nur "böse" handeln, nach den Maßstäben früherer Held/Schurke-Schemata. Also warum so kompliziert? Dann sagen wir doch gleich, böse ist das neue gut ;-) Oder geht es vielleicht doch eher darum, den Prozess umzukehren? Also anstatt dass der Held als Vorbild für den leser dient, sind die Schwächen des Lesers plötzlich der Untergang des Helden? Sowas kenne ich aus pessimistischer Erwachsenenliteratur. Dort kann es zwar gut funktionieren, ist aber auch da nicht selten ziemlich effektheischerisch, oberflächlich und letztlich ohne Mehrwert. In Kinderbüchern möchte ich persönlich davon ehrlich gesagt gar nichts wissen. Wenn ich dann als Erwachsener mal die Schnauze voll habe, kann ich mir immer noch eine gute Variante dieser Literatur besorgen. Daher würde ich auch mal auf eine Rückkehr des klassischen Heldentypus in Kinderbüchern hoffen. Diese Geschichtsform hat ja nicht umsonst jahrtausendelang funktioniert. Wem das Ganze jetzt zu abstrakt ist, braucht nur auf Rocky Beach - Eine Interpretation zu schauen um zu sehen, wie aktuell und relevant das Thema für die Serie ist.
Ich sehe Justus in den Crimsbusters genauso wie du. Also einen mit zahlreichen Schwächen ausgestatteten Charakter, dem nichts "Übernormales" mehr haftet und der gerne mal ins Fettnäpfchen tritt, am Ende aber doch mit seinen Kumpels den Sieg nach Hause trägt und was bewirkt hat. In der neueren Phase sehe ich allerdings nur mehr Figuren, die von Sockeln gestoßen werden sollen, um dann auf der Nase zu liegen. Es fehlt teilweise demonstrativ der Twist, das rettende Ende, die Charakterentwicklung als Problemüberwindung. Daher sehe ich auch die Gefahr, dass wir komplett vom klassischen Kinderbuch abkehren könnten, ohne es etwa durch etwas Besseres zu ersetzen. Kann aber auch sein, dass es lediglich zu einer konsequenten Wertumkehr kommt, wie oben beschrieben. Die Anzeichen dafür in aktuellen Kinderbüchern sind vielfältig.
Okay, sorry für die Denkarbeit zum Jahresende hin, aber danke für's Mitmachen :-D
1462) Mihai Eftimin © schrieb am 31.12.2021 um 16:57:37: Da darf man sich pünktlich zum Ausklang des Jahres noch den Kopf über komplexe Fragen zerbrechen. Wie schön. ;-) *nimmt einen Schluck Whiskey und redet, auf Zigarre herumnuckelnd* Ich werde es Ihnen gleichtun, Mr. Clifton, und zum Thema Antiheld einmal die Wikipedia zitieren: "Ein Antiheld ist ein Figurentypus der Literatur, welcher auch oft in Filmen und Comics eingesetzt wird. Während die dramatische Hauptfigur (der Protagonist) einer Geschichte durch ihre überlegene Charakter-, Verstandes- oder moralische Stärke zur Identifikation einlädt, ist es beim Antihelden gerade eine Schwäche, die sympathisch wirkt. Antihelden brechen mit der Möglichkeit des Eskapismus, bei der der Leser seine Wunschträume auf die Hauptfigur projizieren kann, genauso stark, schön, tapfer oder klug zu sein wie der Held der Geschichte. Dafür sind Antihelden in der Regel die vielschichtigeren, tiefer und exakter gezeichneten Charaktere, da sich hier auch Verletzungen und Schwächen einer Figur darstellen lassen." Das anglophone Pendant zu diesem Artikel schreibt: "An antihero (sometimes spelled as anti-hero) or antiheroine is a main character in a story who lacks conventional heroic qualities and attributes, such as idealism, courage, and morality. Although antiheroes may sometimes perform actions that are morally correct, it is not always for the right reasons, often acting primarily out of self-interest or in ways that defy conventional ethical codes."
Kann man Justus also in bestimmten Fällen als Antihelden sehen? Meiner Ansicht nach durchaus. Die erwähnten, sympathisch wirkenden Schwächen in den Crimebusters beziehen sich natürlich vor allem auf seine zahllosen Diätversuche sowie seine dauerhafte Suche nach einem fahrbaren Untersatz; dieses sind Alleinstellungsmerkmale von Justus als Charakter gegenüber Peter und Bob, die beide "Probleme" nicht haben - weder müssen sie abnehmen, da schlank genug, noch nach einem Auto suchen, da schon in deren Besitz und in stetigem Gebrauch. Mit den Schwierigkeiten, attraktive Frauen anzusprechen, welche Peter ebenfalls nicht hat und Bob erst recht nicht, kommt eine dritte Komponente hinzu.
Diese Komponente findet auch später wieder Verwendung; Paradebeispiel ist da das "Erbe des Meisterdiebes". Ist es in den Crimebusters noch die Latenz, mit der Justus' Antiheldentum durchscheint, so schafft Marx hier die absolute Vollendung, welche sich schon im "leeren Grab" abzeichnet, in diesem Sinne also durchaus eine logische Konsequenz ist. Justus' Schwäche äußert sich darin, dass er Brittany in seinem Liebeswahn blind vertraut und letzendlich - siehe englischer Artikel - seine Moralvorstellungen über Bord wirft und in gewisser Weise auch aus Eigeninteresse handelt, da er das Objekt seiner Begierde wider jede Vernunft und Ethik schützt, obwohl sie zweifelsohne als Antagonistin (in der Fachwelt spricht man auch vom sogenannten "Bösi McEvil") entlarvt wird. Die konventionellen Attribute und Qualität eines klassischen Helden besitzt Justus weder hier, noch im "leeren Grab". Um beim Beispiel "Feuriges Auge" zu bleiben: Hier wird klargemacht, dass Justus ohne seine Kollegen aufgeschmissen ist, weswegen sich mir nicht erschließt, wie man ausgerechnet hier auf das Attribut "Mary Sue"/"Gary Stu" kommen kann, verhält es sich doch gerade hier absolut konträr. Im Gegensatz zu den anderen beiden Beispielen stellt dieses Antiheldentum aber keineswegs einen Widerspruch zum Werkskanon dar; Robert Arthur hat die drei ??? als Team konzipiert, in dem jeder seine eigenen Stärken und Schwächen hat, welche einander ergänzen sollen, sodass sie zwar zeitweilig auch solitär ermitteln können, für die endgültige Lösung des Falles jedoch stets einander benötigen.
Dem "leeren Grab", in dem Justus nur aufgrund eines vagen Hinweises Hals über Kopf nach Venezuela aufbricht, könnte man als Referenzwerk "Ein Toter braucht Hilfe" entgegenstellen - das wohl einzige Werk von Rolf Kalmuczak, in dem Tim seine Heldenrolle verlässt und (bewusst!) wider Gesetz und Moral handelt, um Wüstenherr zu einem Geständnis zu bewegen, das seinen verstorbenen Vater entlastet. Dennoch, oder gerade weil das eher ein Ausnahmefall war, würde ich so weit gehen, zu behaupten, dass sich die drei ??? deutlich weiter vom klassischen Heldentypus entfernt haben als andere langlaufende Reihen, nicht zuletzt aufgrund von Marx' Ausflügen in die Welt des Antiheldentums.
Ist das eine logische Konsequenz? Möglicherweise. Wäre das der einzige Weg gewesen? Nicht zwingend, ich denke, es hätte Alternativen gegeben. Ist das noch mit Kinderliteratur vereinbar? Naja ... ich sag mal, für mich hat's als Kind funktioniert, doch allgemein gehört der gebrochene Protagonist literarisch gesehen doch eher in die Erwachsenenliteratur. Kann danach noch was anderes kommen? Wenn ja, hoffe ich im Sinne der vorherigen Fragestellung, dass der nächste Weg eher eine Rückbesinnung auf den klassischen Heros ist als eine Weiterentwicklung in die bislang eingeschlagene Richtun, da wir sonst endgültig vom klassischen Kinderbuch abkehren.
Ist diese Antwort so weit zufriedenstellend, Mr. Clifton? :-)
1461) PerryClifton © schrieb am 31.12.2021 um 16:22:21: Jetzt müsste man nur noch mit intelligenten Leuten den Wandel des Heldentypus innerhalb von DDF über die Jahre hinweg analysieren ;-) Mir schwanen da z.B. einige Zusammenhänge. Könnte man den Justus der Crimebusters beispielsweise als Antihelden bezeichnen? Und, da dieser Heldentypus zur Entstehungszeit der Geschichte besonders verbreitet war, verläuft die Entwicklung bei DDF da generell parallel zum Zeitgeist? Ist in einer "Breaking Bad"-Welt ein gebrochener Justus nur die logische Konsequenz? Ist das noch mit Kinderliteratur vereinbar? Kann danach noch was anderes kommen? *Zigarre schwenk* Was denken Sie, Herr Eftimin? :-)
1460) Mihai Eftimin © schrieb am 31.12.2021 um 16:11:39: Über die Richtigstellung von inflationär falsch verwendeten Begriffen freu ich mich immer.
1459) PerryClifton © schrieb am 31.12.2021 um 16:09:55: Danke, endlich freut sich mal einer
1458) Mihai Eftimin © schrieb am 31.12.2021 um 16:07:29: Danke, endlich sagt's mal einer.
1457) PerryClifton © schrieb am 31.12.2021 um 16:00:30: *er WILL eine
1456) PerryClifton © schrieb am 31.12.2021 um 15:53:19: Okay, Triggerwarning ;-) Mir reicht's jetzt mit dem gefährlichen Halbwissen über den Begriff "Mary Sue", der sich im Internet wie ein Lauffeuer verbreitet hat und mittlerweile völlig inflationär und fast immer FALSCH angewendet wird. Jetzt habe ich gerade in die SSP-Besprechung zu Feuriges Auge reingehört und da hieß es, Justus sei generell immer eine Mary Sue. Um erstmal ein paar GROB falsche Betrachtungen auszuräumen, die man oft in dem Zusammenhang wahrnimmt: Mary Sue ist kein Synonym für eine Beleidigung, die man jedem Charakter anheften kann, der einem aus irgendeinem Grund auf den Geist geht oder der vielleicht nicht irgendwelchen (z.B. politischen) Vorstellungen entspricht etc. Und, wichtiger, nicht jeder Charakter, der über besondere Fähigkeiten verfügt, ist automatisch eine Mary Sue. Selbst der schlimmste und arroganteste Angeber (um mal den Kritikern von Justus' Charakter provisorisch soweit entgegenzukommen) ist deshalb nicht automatisch eine Mary Sue. Also BITTE endlich damit aufhören, den Begriff als eine Art persönlich wertender Beleidigung zu verwenden, wenn man eine Figur nicht mag.
Schlimm (aber nicht überraschend) ist, dass sogar der deutsche Wikipedia-Artikel irreführend formuliert ist. Dort heißt es: "Eine Mary Sue ist eine idealisierte und vermeintlich perfekte Kunstfigur. Diese Figur wird oft als Wunschvorstellung des Autors wahrgenommen." Das ist so einfach nicht richtig. Zum Glück hilft der englische Artikel da wesentlich besser weiter: "A Mary Sue is a type of fictional character, usually a young woman, who is portrayed as unrealistically free of weaknesses. Originating in fan fiction, a Mary Sue is often an author's idealized self-insertion."
So, eine Mary Sue ist ganz spezifisch eine idealisierte und perfekte Version des Autors, die dieser in eine Geschichte einsetzt und die Regeln dieser Welt, besonders, wenn sie bereits etabliert wurden, ständig zugunsten dieser Figur verbiegt, um sie immer perfekt und ohne Schwächen darzustellen. Ein sicheres Kennzeichen dafür ist zum Beispiel, dass diese Figur von allen gemocht/geliebt/verehrt wird. Also eben reine Fan Fiction. Man schreibt sich selbst in die Geschichte, kriegt alles und jeden, was/wen man will und rettet nebenbei die Welt. Man könnte jetzt darüber debattieren, ob Mary Sues erst so richtig auffallen/nerven, wenn sie in einen etablierten Kanon eingearbeitet werden oder ob es sie auch schon in Originalwerken geben kann. Das ist hier aber gar nicht nötig.
Zum einen fällt das hier schon nicht in besagten Bereich, weil Justus eben NICHT jeder mag, ganz im Gegenteil sogar. Er wird oft verspottet und muss mitunter auch einiges durchmachen. Außerdem ist er nicht perfekt, denn er ist zum Beispiel zu dick und hat scheinbar auch ein Gesicht, aufgrunddessen ihn manche für dumm halten. Außerdem muss man einen kleinen Abstecher in die Literatur im Allgemeinen machen: Es gab schon immer Heldenfiguren und diese hatten schon immer besondere Fähigkeiten, die sie überlegen machten, wenn auch nicht unbedingt perfekt. Aber selbst dann sind sie keine Mary Sues, auch wenn sie eine gewisse Vorbildfunktion ausüben können, die sicher auch der Autor oft anstrebt. Der Punkt ist ja, dass diese Helden dann Schwierigkeiten überwinden müssen, um sich weiterzuentwickeln und so am Ende zu gewinnen. Mary Sues hingegen sind einfach so "toll", dass sie schon alles können, Geschichte vorbei. Deswegen ist eine idealisierte Kunstfigur, die eine Wunschvorstellung des Autors ist, nicht unbedingt eine Mary Sue. Sowas kann auch "einfach nur" der Protagonist bzw. Held sein. Im modernen Storytelling spielen dann natürlich Antihelden und moralisch zwiespältige Figuren eine größere Rolle, aber selbst wenn man klassiche Helden nicht mehr mag, sind sie deswegen nicht automatisch Mary Sues. Es geht bei Mary Sues konkret um Selbsteinsetzungen in die Geschichte, in Form einer überzogenen Vorstellung vom eigenen Wert und den eigenen Fähigkeiten. Deshalb werden Mary Sues ja auch oft von Teenies erfunden. (Im übrigen befürworte ich durchaus, dass man das Ganze nicht nur auf "young women" bezieht, das können Jungs genausogut. Aber die erste Mary Sue war nunmal eine Frau (siehe Star Trek und die namensgebende Figur) weshalb der Begriff für beide die weibliche Form ist. Ich habe aber gar nicht gegen die Begriffe Gary Stu, oder Marty Sue).
Falls da nun immernoch Grauzonen ausgemacht werden wollen, anhand derer man Justus jetzt doch noch zur Mary Sue erklären möchte: Robert Arthur ist ganz bestimmt nicht identisch mit Justus Jonas. (Ob er sich mit ihm identifizieren konnte, ist eine andere Frage). Und Justus ist ganz bestimmt keine idealisierte Version von Arthur. Wenn Arthur sich überhaupt irgendwie direkt einbringen wollte, dann wohl eher durch BOB. Und da Arthur ein guter Schriftsteller und kein Amateur war, hat er sich mit der Rolle dieser Figur in der Serie auch bescheiden zurückgehalten. Oopsie, sollte "Mr. Langweilig Bob Andrews" also aus schriftstellerischer Absicht und Kompetenz so angelegt sein? Das wäre ja... ganz schön traurig, wenn man sich als Marx gerade so eine tolle Schmähbezeichnung für ihn ausgedacht hätte. (Neben "Schisser"-Shaw, der kein Schisser ist, sondern mal eben Löwen bändigt...) Wie dem auch sei, nichtmal Bob ist also wirklich eine Mary Sue, obwohl er Arthur sehr viel näher kommt als Justus. Also dann, die alten verstaubten Klassiker, aber was ist mit HEUTE? Tja, da muss ich Marx mal in Schutz nehmen: Justus ist wohl bei keinem Autoren weiter davon entfernt, eine Mary Sue zu sein, als bei ihm. So konsequent wie da auf ihn eingehackt wird, wie er runtergemacht wird, wie er durch jede mögliche Krise geschleift wird, wie er Fälle plötzlich nicht mehr oder nur unbefriedigend lösen kann, wie er, anstatt dadurch zum klassichen Helden wachsen zu können, zunehmend dekonstruiert und besudelt wird, das alles hat wohl kaum etwas mit irgendeiner Form von Mary Sue zu tun. Es sei denn Marx identifiziert sich heimlich doch mit Justus und ist masochistisch veranlagt, was ich mir allerdings nicht vorstellen kann ;-) Nein, Marx gönnt ihm nichtmal den Antihelden, er eine komplett entzauberte und gebrochene Figur.
Nun ist ja in Kinderliteratur der klassische Heldentypus als Vorbildfunktion weit verbreitet; zumindest früher, heute will man das ja vielleicht ändern... Aber Arthur sah, auch wenn man Rückschlüsse aus E. Arthurs Aussagen zieht, Justus als eine Vorbildfigur für junge Leser um sie zum Lösen von Problemen durch Logik und rationales Denken zu animieren. Eine befähigte Heldenfigur, durchaus nicht ohne Schwächen. Ähnlich wie Sherlock Holmes und ähnliche andere Jugenddetektive, die daraus entstanden sind, wie z.B. Fatty bei Blyton. Was auch immer man daran auszusetzen hat, mit Mary Sues hat das nichts zu tun. Ende im Gelände ;-)
1455) Mihai Eftimin © schrieb am 27.12.2021 um 19:56:02: Einfach nicht weiter drüber nachdenken.
1454) PerryClifton © schrieb am 27.12.2021 um 19:54:05: Was? Wie? Jetzt bin ICH verwirrt

gesamtes Forum chronologisch


[TOP] - [Druckversion] - [rocky-beach.com] - [Impressum] - 27.08.2018