106) Hojotoho
© schrieb am 30.10.2005 um 17:04:41:
Hallo André, erstmal danke für die lange Antwort, aber um die
(für mich) besonders interessanten Fragen hast du dich ein bisschen
gedrückt , was wahrscheinlich daran liegt, dass ich sie so umständlich
und wortreich gestellt habe, darum noch mal in Kürze: Was genau ist
für dich gute Unterhaltung? Ich stehe nämlich immer ganz ratlos
vor Leuten, die mir irgendwas von "reiner Unterhaltung" oder auch (wie
du) vom "Unterhaltungsaspekt, der im Vordergrund steht" erzählen,
so als wäre das völlig selbsterklärend. Vielleicht kann
man die Frage auch komplementär stellen: Wann langweilt dich denn
ein Buch? Nicht auch manchmal, wenn es zu platt ist? Und wann ist ein Buch
platt, wann "einfach nur Unterhaltung"?
Bei der Antwort auf die zweite Frage bist du mir ein bisschen zu schnell
und ganz unnötigerweise in Habachtstellung gegangen. Also nochmal:
Ich mag deine Experimente, finde es gut, dass du nicht immer nur am gleichen
klebst. Wir sind da über weite Strecken einer Meinung. Und dennoch
mag ich deine rührseligen Geschichten nicht (womit ich nicht gesagt
habe, dass du keine mehr schreiben sollst! Das ist eine vollkommen subjektive
Abneigung gegen "Gefühlsduselei", wie du sagst). Meine Frage war:
Was genau reizt dich denn an der Emotionalisierung (ich hänge nicht
an meinem Begriff, wobei ich ihn für die Justus-Experimente in "Meisterdieb"
oder auch im "Leeren Grab" nicht ganz ungeeignet finde)? Der Verweis, dass
viele die Geschichten mögen (das weiß ich und das ist auch ganz
prima so), beantwortet ja nicht, was [i]du[/i] daran so spannend findest.
Ist es tatsächlich nicht mehr als ein persönlicher Hang zu solchen
Geschichten (wäre ja möglich)?
Herzlich, Hojotoho.
André schreibt: Hallo Hojotoho! Deine
Einträge machen mir ganz schön zu schaffen, das muss ich schon
sagen! Ich habe gerade eben versucht, Deine erste Frage zu beantworten
und diesen Versuch nach einer kompletten Seite wieder gelöscht, weil
ich ihn selbst nicht mehr verstanden habe. Also, zweiter Versuch:
Was ist für mich gute Unterhaltung? Ganz einfach: Wenn ich mich
gut unterhalten fühle. Das klingt jetzt superdämlich, ist aber
nach reiflicher Überlegung meine Antwort. Denn: Die Gründe dafür,
dass ich mich gut oder schlecht unterhalten fühle, können sehr,
sehr verschieden sein. Und ich kann sie nicht zu einer, zwei oder drei
Regeln zusammenfassen. Will ich auch gar nicht, im Gegenteil: Wenn es jemandem
gelingt, mich mit einem Buch oder einem Film zu begeistern (also: gut zu
unterhalten), und ich nicht einmal genau weiß, wie er das gemacht
hat, ist es ja umso besser! Ich probiere es daher mit ein paar Beispielen:
Ich fühle mich von "Terminator 2" gut unterhalten, weil der Film
es schafft, atemberaubend schnell, spannend und actionreich zu sein, ohne
auf ein paar grundlegende philosophische Fragen zu verzichten. Und er sieht
cool aus.
Ich fühle mich von der "Lindenstraße" gut unterhalten, weil
ich die seit zwanzig Jahren gucke und diese Serie daher schon längst
jenseits von gut und böse für mich ist. Es ist das Ritual, das
mich unterhält. Ob die Serie überhaupt noch gut ist oder jemals
war, kann ich nicht mehr beurteilen.
Ich fühlte mich anfangs von "Harry Potter" mittelmäßig
gut unterhalten, weil ich es mochte, wie Rowling fünftausend reizende
kleine Ideen in eine sehr gewöhnliche Handlung packte und diese sehr
gewöhnliche Handlung damit ungeheuer aufwertete.
Ich fühle mich JETZT von "Harry Potter" gut unterhalten, weil
ich seit Band 4 merke, dass ungefähr dreitausend dieser fünftausend
reizenden kleinen Ideen gar nicht bloß reizende kleine Ideen waren,
sondern Teil des großen Rätsels, und das fasziniert mich maßlos.
Ich fühlte mich von Andreas Eschbachs "Jesus-Video" (Buch, nicht
Film!) gut unterhalten, weil er eine grandiose Grundidee hatte und damit
seinen eher mittelmäßigen Schreibstil absolut wettmachte.
Ich fühlte mich von Bernhard Schlinks "Der Vorleser" gut unterhalten,
weil hier einfach alles stimmte: Geschichte, Charakterisierung, Sprache.
Alles war sehr simpel gehalten, und doch war das Ganze viel, viel mehr
als die Summe seiner Teile.
Ich fühlte mich von Dan Browns "Illuminati" gut unterhalten an
den Stellen, wo der Held durch Rom rennt, weil es einfach gut recherchiert
war.
Ich fühlte mich von Dan Browns "Illuminati" NICHT gut unterhalten
im kompletten Rest des Buches, weil der Kerl einfach nicht schreiben kann,
die Hauptfiguren blass und blöd sind und die Geschichte irgendwie
auch haarsträubend dämlich ist.
Ich fühlte mich von "Fantastic Four" (Film) NICHT gut unterhalten,
weil es einfach nicht reicht, die hundert tollsten Superhelden-Film-Klischees
neu zu verwursten, ohne eine einzige eigene Idee zu haben.
Ich fühlte mich von "Die Reise der Pinguine" NICHT gut unterhalten,
weil der esoterisch verbrämte, ganzheitliche New-Age-Drecks-Kommentar
aus dem Off unerträglich war.
Und ich fühlte mich vom "Herrn der Ringe" (sowohl Buch als auch
Film) NICHT gut unterhalten, weil die Geschichte strunzdoof, die Charaktere
eindimensional und das gesamte Werk viiiiiiiiieeeeeeel zu lang ist/sind!
Ich könnte diese Liste jetzt endlos fortsetzen. Und für jedes
einzelne Beispiel gäbe es andere Gründe, warum mich etwas gut
oder nicht gut oder gar nicht unterhalten hat. Und sie waren alle vollkommen
subjektiv. Also, was soll ich sagen? Ich fühle mich gut unterhalten,
wenn ich mich gut unterhalten fühle, die Gründe dafür sind
immer wieder andere.
Deine zweite Frage ist einfacher zu beantworten: Was reizt mich an
der Emotionalisierung? Also, es waren jedenfalls nicht Brittany oder die
Kopperschmidts oder das falsche Ehepaar Jonas in Venezuela, die mich interessiert
haben. Es war die Frage, was mit den drei ???, allen voran Justus Jonas,
passiert, wenn sie in einem solchen Fall ermitteln müssen. Wie reagiert
Justus, wenn es mal NICHT nur die Rätsel sind, die seine Aufmerksamkeit
erregen, sondern ein hübsches Mädchen, das Interesse an ihm zu
haben scheint? Das ist eine sehr, sehr simple Frage, und sie hebt die Charakterisierung
der Figuren kaum über das gewohnte Maß hinaus, das ist mir schon
klar, aber offenbar hat dieses minimale Kratzen an den Gewohnheiten der
Leser ja gereicht, um eine Riesendiskussion zu entfachen. Das war gar nicht
meine Absicht gewesen. Ich wollte einfach mal sehen, was mit Justus sonst
noch so passieren kann, wenn er sich mal gerade nicht hinter einem Rätsel
versteckt oder einen Verbrecher jagt. Es war reine Neugier. Das hat mich
an diesen Geschichten gereizt.
Hm, ich ahne, dass das jetzt irgendwie auch noch nicht so richtig die
Antworten auf Deine Fragen waren. Aber die Box ist ja noch offen, Du hast
also noch mal die Chance, nachzuhaken. Bis dann!
107) Lese
Peter schrieb am 03.11.2005 um 23:23:23:
Hi André! Noch mal eine Frage zu dem Pseudonym! Du hast ja schon
geschrieben, dass man dir so einiges durchgehen lässt, was andere
nicht dürfen.
Würdest du nicht gefallen daran finden, mal ein typisches Marx-
Buch unter Pseudonym zu scheiben, und dann zu verfolgen, wie es zerrissen
wird. ("Was für ein Dreck, hätte das mal der Marx geschrieben,
dann wärs vernünftig...") Ich muss ehrlich sein, mich amüsiert
der Gedanke.
Ich will dir jetzt nicht zu nahe treten, aber ich habe schon das Gefühl,
dass du von einigen Fans auf einen sehr hohen Sockel gestellt und heftigst
verteidigt wirst, auch wenn du mal langweiligen Blödsinn geschrieben
hast. Wird dir nicht manchmal schwindlig da oben? Gruß Peter
André schreibt: Ja, ich habe auch
schon öfter mal über diese Pseudonym-Idee nachgedacht und finde
sie auch sehr spannend. Andererseits befürchte ich, dass man mich
sofort entlarven würde. Es gibt so typische Marx-Wörter und Marx-Sätze,
die einfach immer wieder durchschlagen. Ich müsste mich beim Schreiben
so sehr zusammenreißen, um diese Eigenheiten zu unterdrücken,
dass es wahrscheinlich keinen Spaß mehr machen würde. Aber interessant
wäre es schon. Ob die Fans wirklich so reagieren würden?
Zweite Frage: Nein, schwindlig wird mir ganz und gar nicht. Das soll
jetzt nicht vermessen klingen, aber: Ich bin an dieser Sockelposition nicht
ganz unschuldig. Und es ist ja nicht so, dass meine Bücher noch nie
in der Luft zerrissen wurden, wenn sie langweiliger Mist waren. Siehe "Botschaft
von Geisterhand" oder "Das schwarze Monster". Ich bin nicht über jede
Kritik erhaben. Aber natürlich finde ich es nett, wenn Leute sagen:
"Ja, okay, der neue Marx ist jetzt vielleicht nicht so toll, aber wir wissen
ja, dass er's im Prinzip besser kann, daher lassen wir ihm ein langweiliges
Buch mal durchgehen." Das ist nicht objektiv und auch nicht fair, aber
schön. Ich freue mich darüber. Es ist ja kein Zufall, dass einige
Leser so reagieren, sondern es sind die Früchte meiner Arbeit, und
warum sollte mir da schwindlig werden?
108) Mr.
Murphy © schrieb am 05.11.2005
um 18:01:34: Hallo André! Was hälst du davon, uns deine
Bücher vorzulesen, so wie es Ulf Blank mit seinen DDF-Kids-Büchern
tut ? (=Hörbuch!)
André schreibt: Ähhh ... nicht
viel. Im Prinzip hätte ich zwar nichts gegen Hörbücher einzuwenden
(wäre vielleicht mal ganz abwechslungsreich), aber ICH würde
die Dinger bestimmt nicht lesen! Das ist viel zu anstrengend. Und man sollte
schauspielern können, und das kann ich nicht. Und meine Stimme ist
eine Katastrophe. Und außerdem würde mir beim Vorlesen ständig
auffallen, was für einen Mist ich da geschrieben habe, und dann würde
ich alle zwei Minuten rufen: "Cut! Das geht ja gar nicht! Kann ich das
noch mal schnell umschreiben, bevor wir weitermachen? Außerdem glaube
ich, dass mir gerade ein neues Ende für die Geschichte eingefallen
ist! Es macht euch doch nichts aus, wenn das Hörbuch am Ende ein klitzekleines
bisschen anders ist als das Buch, oder?" Und dann würden mich die
Hörbuchproduzenten rausschmeißen. Nein, ich glaube, das kann
ich mir sparen.
109) alphawolf
© schrieb am 09.11.2005 um 08:36:53:
Hallo André, ich hoffe, du hast dich in deinen Ferien gut erholt.
Kleine Frage: Du hattest geschrieben, dass du noch nicht weißt, ob
du einen "alten" Anfang verwendest für dein neues Buch oder etwas
ganz neues schreibst. Wie hast du dich denn nun entschieden? Gruß,
Alphawolf
André schreibt: ) Ich habe mich für
etwas ganz Neues entschieden. Und jetzt kann ich es ja auch verraten (oder
habe ich das schon?): Der alte Anfang wäre "Return to Nebelberg" gewesen.
Aber ich habe mir daran nun schon zweimal die Zähne ausgebissen und
kann nun endgültig sagen: Das wird nix mehr mit einer Nebelberg-Fortsetzung.
Es ist zu kompliziert. Deshalb lasse ich es bleiben und mache was anderes.
110) Mr
14 Prozent schrieb am 10.11.2005 um
14:16:31: Ob's geschmeckt hat? Naja, ich will es mal so sagen: Mit
"ungewöhnlich" hast du das Rezept in Feuermond ziemlich richtig charakterisiert
... Eine (etwas dämliche) Frage noch: Welchen alten Hitchcock-Film
gucken eigentlich Justus und Brittany im Kino?
André schreibt: Wahrscheinlich Marnie.
Wegen der Die-hattse-doch-nicht-mehr-alle-Thematik.
111) Hojotoho
© schrieb am 12.11.2005 um 12:39:33:
Hallo André, Deine Antworten sind auch nicht ohne! Tatsächlich
war der Ausgangspunkt unserer kleinen Unterhaltung ja dein Unverständnis
gegenüber Leuten, die ???-Bücher als "mehr als reine Unterhaltung"
sehen, was diese deiner Meinung nach nicht sind. Mit deinem jetzt ausführlich
illustrierten Subjektivitätsargument beißt sich die Katze ein
bisschen in den Schwanz. Denn wenn du gar nicht sagen kannst, was "reine
Unterhaltung" ist, wie kannst du dann behaupten, die ???-Bücher seien
nicht mehr? Ganz allgemein in den Raum gesprochen finde ich dieses Reden
über Literatur faszinierend, das auf der einen Seite munter kategorisiert
und auf der anderen Seite, wenn's ernst wird, ganz schnell sagt: "Ist doch
eh alles subjektiv." :-)
Deine Döblinsche Antwort auf die zweite Frage finde ich diesbezüglich
auch ganz interessant. Kommt hier dann doch der "ambitionierte Schriftsteller"
zum Vorschein, der Justus Jonas wie eine Ratte durchs Labyrinth (bzw. wie
Franz Biberkopf durch Berlin) schickt und ganz naturwissenschaftlich schaut,
was er macht? ;-)
Ich finde ja, wie gesagt, Unterhaltung dann besonders unterhaltend,
wenn ich bei ihr auch denken darf. Insofern: Licht nicht unter den Scheffel
stellen, warum nicht auch mal bewusst eine zweite Ebene einbauen, selbst
wenn der eine oder die andere Lesende (oder Hörende) schon jetzt Möglichkeiten
findet, sich an deinen Texten mehrmals zu freuen. Warum ist es eigentlich
so, dass auf der einen Seite die deutsche U/E-Unterscheidung immer so sehr
beklagt wird 8wie stehst du ihr eigentlich gegenüber?), auf der anderen
Seite Autoren, die sich wie du als "reine Unterhaltungsschriftsteller"
verstehen, wenn sie von ihrer Leserschaft mal nicht einfach nur wegkonsumiert
werden, dieser Lust mit soviel eigener Skepsis begegnen?
Ich frage das übrigens als jemand, der selbst die ???-Bücher
nicht liest, also gewissermaßen als ein ebenso externer Beobachter
wie du selbst, der aus dem, was er liest, nur etwas andere Schlüsse
zieht.
Herzliche Grüße nach Berlin, Hojotoho.
André schreibt: Mannomann, Du willst
es wirklich wissen, oder? Okay, nachdem ich bei meiner letzten Antwort
schon einen Erklärungsversuch (leider endgültig) gelöscht
hatte, versuche ich ihn jetzt zu rekonstruieren, weil er vielleicht ein
paar interessante Dinge enthält.
Ich habe mir nämlich mal Gedanken gemacht (aha!) und mir eine
Skala ausgedacht, die in dreißig oder dreihundert Jahren wahrscheinlich
als die Marxsche Kulturskala in der Kulturwissenschaft Eingang gefunden
haben wird. Vielleicht gibt es eine solche Skala auch schon längst,
keine Ahnung, ich bin ja kein Kulturwissenschaftler. Also:
Die Skala geht von 1 bis 10.
1 ist einfachste Unterhaltung.
5 ist perfekte Unterhaltung.
6 ist perfekte Unterhaltung mit ein bisschen Kunstanspruch.
10 ist reine Kunst ohne jeden Unterhaltungsanspruch.
Bevor ich mich jetzt endlos mit der Frage "Was ist Kunst?" aufhalte,
liefere ich gleich die für die Marx'sche Kulturskala maßgebliche
Definition: Kunst ist das, was von Kritikern, Feuilletonisten und Menschen,
die von sich behaupten, sich "damit" auszukennen, als Kunst bezeichnet
wird. Und was gleichzeitig auch von der breiten Masse so akzeptiert wird.
Picasso ist nach dieser Definition also Kunst, Uderzo eher nicht.
Auf dieser Skala nimmt der Unterhaltungswert von der 1 bis zur 5 also
zu, jenseits der 5 dann wieder ab, der Wert des künstlerischen Anspruchs
steigt dafür von der 6 aufwärts bis zur 10.
Und hier nun ein paar Beispiele aus den verschiedensten Medien:
"Liebesgrüße aus der Lederhose" landet im Bereich Film bei
der 1, ein guter Steven Soderbergh oder Spielberg bei der 5 (ein schlechter
Spielberg aber auch gern mal bloß bei der 2 oder 3), David Lynch
und Cronenberg und Kubrick je nach Film bei 6 bis 8, und die 10 erreicht
dann irgendein experimentelles Zeug, das ausschließlich auf Festivals
oder nach Mitternacht auf Arte läuft und wozu mir jetzt leider kein
Beispiel einfällt.
Buch: ein Arztroman von Bastei-Lübbe landet bei der 1, Rosamunde
Pilcher und Dan Brown (mal wieder) bei der 3, und jetzt wird's schwierig,
was packe ich denn mal auf die 5? Egal, fällt mir nix zu ein, jedenfalls
gerät dann "Ulysses" eher zur 8, da kaum noch Unterhaltsames in diesem
Buch zu finden ist, dafür jede Menge Kunst, und "Zettels Traum" dürfte
schließlich eine 10 kriegen.
Jetzt wird's interessant: Jugendbücher! So sehr ich sie als Kind
auch geliebt habe: Ich fürchte, dass die allermeisten Enid-Blyton-Bücher
nicht mehr als eine 1 oder 2 verdient haben. Habe kürzlich noch mal
ein wenig in einigen herumgeblättert und muss sagen: Das ist schon
ziiiiiemlich simpel. "Harry Potter" ist seit Band 4 für mich perfekte
Unterhaltung und kriegt eine klare 5. "Die Unendliche Geschichte" hat durch
ihre vielen Ebenen und philosophischen Ansätze ganz klar einen Anspruch,
der über die Unterhaltung hinausgeht und verdient daher eine 7. Jugendbücher,
die nur Kunst sein sollen, gibt es vermutlich nur wenige in irgendwelchen
kleinen, obskuren Verlagen, die kein Mensch kennt.
Aber wo würde ich die drei ??? hier einordnen? Bei der 3. Warum?
Weil die Figuren vielschichtiger sind als bei den "Fünf Freunden".
Die Geschichten sind wesentlich abwechslungsreicher. Und komplexer. Man
kann teilweise miträtseln, und manchmal wird es sogar richtig kompliziert.
Die Fünf Freunde hingegen sind NIE kompliziert, nicht mal ansatzweise.
Die drei ??? haben ein tragfähigeres Grundkonzept für viele Geschichten,
nicht bloß für eine Handvoll. ABER: Die Geschichten reichen
in ihrer Qualität nicht an die der Harry-Potter-Bücher heran.
Warum nicht? Weil Justus, Peter und Bob keine Entwicklung durchmachen.
Sie bleiben immer die, die sie auch schon in Band 1 waren. Die Welt, in
der sie sich bewegen, ist sehr übersichtlich und die Geschichten sind
vorhersehbar. Der Serie fehlt einfach die Komplexität, die beispielsweise
Rowling in ihren Büchern hat. Von einem Kunstanspruch brauchen wir
gar nicht zu reden.
Als ich in der letzten Antwort behauptet hatte, ich wollte mit Büchern
wie "Das leere Grab" oder "Das Erbe des Meisterdiebs" vor allem schauen,
was mit Justus geschieht, wenn man ihn in eine emotional berührende
Situation steckt, war das nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte
ist: Ich versuche, den Geschichten dadurch einen Hauch mehr Komplexität
zu verleihen. Ich möchte erreichen, dass es eben nicht nur diese eine
oberflächliche Erzählebene des Fällelösens gibt, sondern
noch eine zweite, die sich mit den Figuren und ihren Entwicklungen beschäftigt.
Natürlich GIBT es keine Entwicklung. Nicht wirklich jedenfalls.
Und es wird auch keine geben, weil man dafür das ganze Reihenkonzept
über den Haufen werfen müsste. Aber ich kann der Versuchung nicht
widerstehen, wenigstens hin und wieder einen Hauch von ... Anspruch? Nein.
Einen Hauch von Tiefe vielleicht ... äh, einzubringen. Das wird mir
zwar von einigen Lesern regelmäßig als Fehltritt angekreidet,
aber ich handle da trotzdem nach bestem Wissen und Gewissen.
So. Worauf, zum Teufel, wollte ich eigentlich mit diesem ganzen Skala-Kram
hinaus? Wie war noch mal die Frage? Gab es überhaupt eine?
Ach ja, "reine Unterhaltung" und so: Ich finde, es lohnt sich erst
ab einer 4 oder 5, ein Buch ein zweites Mal zu lesen. Daher verstehe ich
nicht, wieso Leute das bei den drei ??? auch tun, obwohl die doch ganz
eindeutig bei der 3 einzuordnen sind. ;-) Mein leiser Anspruchsanspruch
geht ja nicht so weit, dass ich sagen würde, "Meisterdieb" sei jetzt
irgendwas was ganz Tolles und Besonderes oder gar Wertvolles. Meine Versuche,
den Geschichten und Figuren etwas mehr Komplexität zu verleihen, bewegen
sich ja in einem sehr, sehr engen Rahmen. "Meisterdieb" ist nach wie vor
eine 3. Mit einem kleinen Pluszeichen vielleicht, aber das würde ich
natürlich niemals öffentlich behaupten. ;-)
Deine Unterhaltungsdefinition ist übrigens auch nicht schlecht:
dass man ein wenig denken darf, ja, das ist nicht zu unterschätzen.
Bei "Harry Potter" kann ich das auf jeden Fall, bei Soderbergh auch, und
bei Kubrick natürlich, wobei das ja schon in die Kunstrichtung geht,
aber nichtsdestotrotz: Denken ist eine feine Sache! Muss man bei den drei
??? denken? Schaden kann es nicht, aber es ist auch keine Grundvoraussetzung,
denn man kann davon ausgehen, dass einem am Ende alles erklärt wird.
Also, eine 3, ohne jeden Zweifel.
So, jetzt habe ich auf der Suche nach Deiner Frage noch mal Deinen
Eintrag gelesen und den letzten auch und den vorletzten auch, und erst
JETZT habe ich begriffen, dass Du ja ein Hörspielhörer bist und
kein Leser! Das hatte ich wohl bisher erfolgreich überlesen. Also,
da muss ich mich ja jetzt doch noch mal ein kleines bisschen verteidigen,
auch wenn Du meinst, dass ich das nicht zu tun brauche: Als reiner Hörspielhörer
weißt Du in diesem speziellen Punkt leider nicht, wovon Du redest,
denn gerade die emotionalen oder psychologisierten oder wie auch immer
... special Marx-moments sozusagen, die fallen im Hörspiel definitiv
der Schere zum Opfer. Da ist zwar noch das äußere Gerüst
vorhanden, aber Du erfährst kein einziges Mal, was z.B. Justus fühlt
und denkt! Denn das sind ja keine Dialoge, ergo fallen sie aus dem Hörspiel
raus.
Natürlich sollten die Gedanken und Gefühle einer Figur in
einem guten Buch auch klar werden, OHNE dass der Autor dem Leser erzählt,
wie die Figur sich fühlt und was sie denkt. Aber die drei ??? sind
halt nicht so gut. Und der Autor auch nicht. Der hat manchmal große
Schwierigkeiten damit, seine Figuren nur über Verhalten und Dialog
zu charakterisieren. Der muss manchmal zum Holzhammer greifen und unschöne
Sätze schreiben wie: "Justus fühlte sich schlecht." Nichtsdestotrotz
sind es DIESE Passagen, um die es meiner Meinung nach geht. Sie sind zwar
nicht besonders gut, aber sie sind der Grund, warum "Meisterdieb" und Co.
anders sind als die anderen Bücher. Daher lautet mein Ratschlag: Nimm
dir das Buch vor, Hojotoho! Denn wir reden hier ja schon über BÜCHER
und meine Einstellung als AUTOR zu irgendwelchen Dingen, und es ist irgendwie
ziemlich blöd, wenn Du die Bücher gar nicht kennst und nur auf
Basis der Hörspiel diskutierst. Ein doofes, aber wahres Beispiel:
eine Freundin von mir hat bei der Lektüre von "Der geheime Schlüssel"
doch tatsächlich am Ende geweint. Beim Hören des Hörspiels
nicht. "Was hat denn der für Freunde??" mag sich der geneigte Leser
hier jetzt fragen, vielleicht zurecht, aber das ist ja jetzt nicht das
Thema. Ein Buch hat ganz andere Möglichkeiten, eine Geschichte zu
transportieren, als ein Hörspiel, und ein geschriebenes Wort ruft
teilweise ganz andere emotionale Reaktionen beim Leser hervor als ein gesprochenes
Wort beim Hörer.
Und ich schreibe und schreibe und schreibe hier vor mich hin und habe
immer stärker das Gefühl, gerade von einem Fettnapf in den nächsten
zu stolpern. Wahrscheinlich sind das alles Fangfragen von Dir, und jeder
meiner Sätze wird demnächst zur Beweisführung benutzt, dass
Marx doch ein Vollidiot ist. Na ja, Pech, ich wollte noch schnell zur E-/U-Diskussion
kommen, danach ist aber auch Schluss hier.
Früher, so in der Jugend, habe ich mich natürlich ganz, ganz
doll über diese Unterscheidung aufgeregt. Inzwischen finde ich sie
einfach nur noch lächerlich, denn man muss sich ja nur mal ansehen,
was das für Menschen sind, die überhaupt Zeit und Lust haben,
sich über ein so dämliches Thema zu unterhalten: Akademiker und
selbsternannte Bewahrer der Hohen Kultur oder was weiß ich, mir fehlen
da ein bisschen die Worte. Auf jeden Fall Menschen, die ich nicht ernst
nehmen kann. Mir begegnete mal eine alte Uni-Dozentin, und sie fragte mich,
ob ich nicht derjenige sei, der jetzt "diese Trivialliteratur schreibt".
Das meinte sie gar nicht bewusst böse, glaube ich. Aber sie war so
sehr in diesem ganzen akademischen Unsinn gefangen, dass sie gar nicht
anders konnte, als diesen abwertenden Ausdruck zu verwenden. Wohlgemerkt:
Die drei ??? SIND Trivialliteratur, und ich finde das ja auch gar nicht
schlimm. Aber für SIE hatte diese Formulierung eine negative Färbung,
das war sehr offensichtlich. Hallo? Wo sind wir denn hier? Warum soll ich
mir denn von einer Handvoll weltfremder, greiser Professoren, die wahrscheinlich
zu dämlich sind, einen Videorekorder zu programmieren oder sich eine
Tütensuppe zu kochen, die dafür aber die Gesamtwerke von Penderecki
und Stockhausen im CD-Regal stehen haben und mit Goethe-Zitaten um sich
schmeißen, als hinge ihr Leben davon ab, sagen lassen, wo's langgeht?
Und es SIND nur solche Leute, die sich über E und U echauffieren!
Ein paar Tausend Bekloppte, die dummerweise ein Publikum haben, das ihnen
hin und wieder zuhört, und über das sie ihren elitären Schwachsinn
verbreiten können.
Hatte ich behauptet, ich könne mich nicht mehr so aufregen wie
damals in meiner Jugend? Das war eine Lüge.
Jedenfalls: Wenn's Spaß macht, kann es U oder E sein, das ist
mir vollkommen schnurz. In der Literatur mag ich die simplen Dinge lieber.
Im Film darf's auch schon mal ein bisschen Kunst sein. Am meisten E gönne
ich mir eigentlich in der Musik. Meredith Monk, Harald Weiss, Nikos Mamangakis
- immer her damit! Aber ich finde auch Madonna super, who the f**k cares!?
(Obwohl die neue Madonna-Single scheiße ist; aber kennt hier jemand
das neue Kate Bush-Album? Ist das wohl GEIL!!??)
Natürlich kann man sagen, dass Sprache, Bildsprache oder Komposition
eher einfach oder eher komplex sind. Aber selbst wenn das teilweise (!)
einem Qualitätsurteil gleichkommt, heißt das doch noch lange
nicht, dass man nur das eine oder nur das andere gut finden darf!? Diese
ganzen Kulturtheoretiker sollen sich ihre Us und Es irgendwohin schieben,
wo's wehtut und danach mal die Gebrauchsanweisungen ihrer Videorekorder
lesen. Mal sehen, wie die literarisch so abschneiden.
Das war doch jetzt ein schöner Abschlusssatz, oder? Wahrscheinlich
habe ich immer noch keine einzige Deiner Fragen beantwortet, aber dafür
hat's viel Spaß gemacht. Viele Grüße,
André
P.S. Kann uns eigentlich noch irgendjemand folgen? Oder nicht? Und
liegt es vielleicht daran, dass in der Fragebox seit ein paar Wochen überhaupt
nix mehr los ist? Kommt, Leute, traut euch, ich kann auch ganz normal und
kurz und knapp antworten, das geht! Manchmal.
112) Mr.
Murphy © schrieb am 16.11.2005
um 12:20:04: Hallo André! Ich wollte dich noch für die
Ausführlichkeit deiner Antworten loben! Wirklich sehr schön!
Ich habe doch tatsächlich deine letzte Antwort von 111 ganz gelesen.
;) Interessante Skala!
Mir ist auch aufgefallen, dass seit geraumer Weile in dieser Fragebox
sehr wenig los ist. Woran liegt das deiner Meinung nach? Gibt es mittlerweile
weniger Fans? Oder zumindest weniger Fans, die online sind? Oder so formuliert:
Ist "die Luft raus" aus der Serie? Bei deinen vorherigen Boxen wurden in
kürzerer Zeit mehr Fragen gestellt. Ach ja: In deinen vorherigen Frage-Boxen
hast du dich noch zu aktuellen Kinofilmen geäußert: Was fandest
du dieses Jahr im Kino sehr gut?
Und schließlich: Kannst du uns schon was über dein nächstes
Buch berichten?
André schreibt: Hallo Mr. Murphy,
vielen Dank fürs Lesen von Eintrag 111! Wahrscheinlich hätte
ich auch nicht ganz so ausführlich geantwortet, wenn etwas mehr los
wäre in der Fragebox, aber so ist es nun mal - im Moment herrscht
Funkstille.
Woran das liegt? Vor allem daran, dass ich im Urlaub war, glaube ich,
denn VOR Oktober kam ich mit dem Beantworten kaum hinterher. Danach wurde
es dann schlagartig ruhiger. Ich glaube nicht, dass die Fans innerhalb
von so kurzer Zeit der Serie goodbye sagen. Aber insgesamt stimmt es schon,
es ist in den letzten ein, zwei Jahren ruhiger geworden. Ich glaube, das
liegt daran, dass der Markt etwas übersättigt ist. Es gab seit
2001 einfach zu viel. Das fing mit Band 100 an, und seitdem jagte ein Event
das nächste. Irgendwann war es den Leuten dann genug. Hinzu kommt,
dass sich die Fans inzwischen auch auf verschiedene Webseiten verteilen.
Früher gab es ja nur die rocky-beach.com und sonst so gut wie nichts.
Vor diesem Übersättigungshintergrund finde ich übrigens
die derzeitige Hörspielpause gar nicht mal so schlecht. Ich finde
es zwar etwas beängstigend, wie heftig (und irrational!) einige Leute
auf die Pause reagieren, aber daran kann man wohl nichts ändern.
Du siehst: Die Stille in der Fragebox verleitet mich schon wieder zum
Plaudern. Was wolltest Du noch mal wissen? Ach so, mein neues Buch: Ich
habe es noch kein einziges Mal gelesen und verspüre momentan auch
überhaupt keine Lust dazu. Insofern kann ich nicht viel sagen, denn
ich weiß schon gar nicht mehr so genau, worum es überhaupt geht.
Lustig sollte es werden, das weiß ich noch, aber ich habe keine Ahnung,
ob's auch lustig geworden ist.
Kommen wir zu spannenderen Dingen: Kino! Da ich in diesem Jahr sehr
viel unterwegs war, war ich relativ selten im Kino, leider! Aber es waren
schon ein paar feine Filme dabei. Spontan fällt mir "L.A. Crash" ein,
den ich großartig fand, wahrscheinlich einer der besten Filme des
Jahres. Ach so, und natürlich "Episode III", obwohl der natürlich
GROSSE Schwächen hatte: Amidala verkümmerte von einer toughen
Heldin zum jammernden Mütterchen, die (optische) Verwandlung von Palpatine
zum Imperator war geradezu lachhaft, und WARUM Anakin plötzlich hundert
kleine Jedi-Kinder abschlachtet, ist mir immer noch nicht klar, aber was
soll's - es ist Star Wars, da geht's ja nicht wirklich um Logik, oder?
Das soll nur gut aussehen und knallen. Und das tat es.
Überraschend gut fand ich auch den aktuellen "In her shoes" ("In
den Schuhen meiner Schwester" oder so ähnlich), obwohl ich bis jetzt
noch nicht weiß, warum eigentlich. Denn die Geschichte war ja wirklich
nicht besonders originell, im Gegenteil. Und das Erzähltempo ließ
auch zu Wünschen übrig. Und Grinsebacke Cameron Diaz hat vor
allem eins getan: gegrinst. Aber trotzdem war es irgendwie ein feiner Film.
Jetzt wollte ich eigentlich noch ein paar andere gute Filme des Jahres
aufzählen, aber beim Durchsehen meiner Kinoliste stellte ich schockiert
fest, dass 2005 ein echt maues Jahr war. Bis auf "Sin City" war eigentlich
nichts dabei, was richtig gut war; das ist tragisch, oder? In punkto tragisch:
Hier kommt die Kinotragödie des Monats:
Harry Potter. Ich habe mir vor einem Monat Karten für die Mitternachtsvorpremiere
der englischen Fassung am letzten Dienstag besorgt. Und was passiert? Ich
komme um zehn vor zwölf im Kino an, und da wird mir mitgeteilt, dass
man leider nur die deutsche Fassung zeigen könne, da Warner Brothers
es untersagt habe, die Originalfassung irgendwo auf der Welt VOR dem US-Kinostart
(der war nämlich erst am Mittwoch oder Donnerstag) zu zeigen. Ist
das nicht lächerlich? Liebe Leute, es ist nur ein FILM, kein Staatsgeheimnis,
was soll denn das!?
Jedenfalls hatte ich die Wahl: deutsche Fassung gucken oder wieder
nach Hause fahren und zwei Tage warten. Ich bin wieder nach Hause gefahren,
denn auf deutsch hatte ich überhaupt keine Lust. Und zu allem Überfluss
(nein, wahrscheinlich aus Ärger über die ganze Geschichte!) bin
ich dann auch noch krank geworden, weswegen ich den Film immer noch nicht
gesehen habe, aaargh! Ich war jedenfalls echt sauer. Und irgendwie bin
ich es immer noch. Danke, Warner Brothers! Vielen, vielen Dank!
Hm. So ähnlich muss es sich anfühlen, wenn man drei ???-Fan
ist und seit einem Dreivierteljahr auf das neue Hörspiel wartet ...
113) Call
© schrieb am 18.11.2005 um 15:50:14:
Wenn auch Dein Bild Götterdämmerung geheißen hätte,
wäre dann die Geschichte anders gelaufen? Dämmert es den Göttern/dem
Gott oder wem würden dann die Götter/Der Gott dämmern? Hugenay,
Justus oder Jaccard? SPOILER Zumindestens hätte sich der Name von
Hugenay ja Ändern müssen, Götterdämmerung für
ein Kind wäre ein ziemlich bescheuerter Name, irgendwie negativ konotiert.
Und irgendwie hätte ja auch dann die Erklärung für den Titel
des
Bildes anders lauten müssen oder wäre dann ein anderes Motiv
auf dem Bild gewesen?
André schreibt: Hätte das Buch
"Götterdämmerung" geheißen, wäre das Ende der Geschichte
vielleicht ein anderes gewesen. Aber auch nur vielleicht, ehrlich gesagt
weiß ich es nämlich nicht so genau. Die Titelwahl fiel auf "Feuermond",
als ich gerade mitten im dritten Band war, und im Nachhinein lässt
sich schwer sagen, wie ich die Geschichte weitererzählt hätte,
wenn es bei "Götterdämmerung" geblieben wäre. Zum Glück
vergesse ich aber auch immer ganz schnell, wie das "damals" war beim Schreiben.
Ich möchte es auch gar nicht so genau wissen.
114) Hojotoho
© schrieb am 18.11.2005 um 16:23:07:
Hallo André,
Na, gehts wieder oder soll ich klopfen? :-) Allerdings habe ich den
Anlass deines kleinen Ausbruchs nicht so recht verstanden. Warst es nicht
du, der von "reiner U(nterhaltung)" sprach und funktioniert nicht die Marxsche
Kulturskala (ein drolliges Gebilde) genau mit der Unterscheidung, über
die du dich im zweiten Teil deines Eintrags so furchtbar aufregst (obwohl
du sie auch da noch munter verwendest)? Bei mir (und auch bei vielen "der
ganzen Kulturtheoretiker" usw., die für dich offenbar als Spezies
ein Hassobjekt sind, ojeoje) rennst du offene Türen mit der Aussage
ein, dass die E/U-Unterscheidung Blödsinn ist. Lieber André,
Du operierst hier von Anfang an mit dieser Unterscheidung, nicht die ominösen
"greisen Professoren"... :-)
Zum Thema Buch: Ich habe tatsächlich einmal ein Buch von dir in
der Bibliothek zu zwei Dritteln gelesen (du bist ja nicht der erste, der
behauptet, wenn man nur die Hörspiele kennt, solle man am besten gar
nicht den Mund aufmachen). Ich konnte zwischen Geisterschiff/HS und Geisterschiff/Buch
bis Seite 80 keinen nennenswerten Unterschied feststellen und habs dann
gelassen, weil ich schon das Hörspiel nicht mochte. Außerdem
machst du es mir nicht gerade schmackhaft, ein weiteres Buch zur Hand zu
nehmen, denn du erzählst mir ja, dass ???-Bücher eher simpel
gestrickt seien und Denken bei ihnen nicht unbedingt notwendig ist. Warum
also sollte ausgerechnet ich sie dann noch lesen (wollen)?
Dass Kate Bush endlich eine neue Platte herausgebracht hat, hat mich
auch gefreut (ich konnte es kaum glauben!). Leider kenne ich diese noch
nicht (nur die Single, aber die ist gut), aber ansonsten habe ich alle
ihre Platten und liebe die meisten von ihnen.
Herzliche Grüße, H.
André schreibt: Also, jetzt möchtest
Du mich aber auch ein kleines bisschen missverstehen, oder? Ich habe doch
schon gesagt, dass es selbstverständlich eine Einteilung gibt, dass
sie aber nicht wertend sein sollte. Also: Wertend zwar immer Sinne von
"Kunst" oder "Unterhaltung", aber nicht wertend im Sinne von "gut" oder
"schlecht". Die "greisen Professoren" (die ich mir nicht ausgedacht habe,
sondern unter denen ich jahrelang zu leiden hatte!) tun aber genau das,
und das ist es, was mich auf die Palme bringt.
Thema Buch: Auch hier war ich doch deutlich: Du "sollst" Bücher
lesen, wenn Du mit mir über emotionale Aspekte in drei ???-Geschichten
sprechen möchtest. Weil es genau diese Aspekte nur in den Büchern
gibt. In Hörspielen existieren nur die von ihnen geworfenen Schatten.
Wenn Du lieber "denken" möchtest: Lies was anderes.
Kate Bush: Ja, die Single ist schon gut, aber Du solltest Dir wirklich
das Album zulegen, es ist einfach der Hammer, vor allem CD 2 (ist ja ein
Doppel-Album).
So, das war jetzt richtig kurz, oder? ;-)
Mehr (viel mehr!) zum Thema Kulturskala übrigens in einem der
neuen Einträge!
115) Flori
© (Flori@schwarzweissblau.de)
schrieb am 19.11.2005 um 03:04:50: Hi André,
Ich habe eben deine Marxche Skala gelesen´und bin auch der Meinung
die ??? bei 3 eizuordnen. Es gibt auch ur 1 Buchg was ich bisher 2 mal
gelesen habe: Spur ins Nichts. Womit wir beim Thema für meine Frage
wären. 1. Hast du Hoffnung das es nochmal ein Hörspiel geben
wird. Damit meine jetzt nur deine persönliche Meinung, ich weis das
du uns das nicht sagen kannst. 2. Magst du Fussball und wenn ja, was ist
dein Lieblingsverein und dein Lieblingsstadion? Magst du ehr alte traditionelle,
oder diese Neubauten?Die Frage mit den Stadion kann man ja vieleicht auch
beantworten, wenn man sich nicht für den Sport interessiert. 3. Kochst
du gerne und hast du ein Rezept für uns?
André schreibt: Die Hörspiele:
Also, die HOFFNUNG habe ich selbstverständlich. Aber die hat ja wohl
fast jeder, und das ist wahrscheinlich nicht das, was Du hören wolltest.
Deshalb beantworte ich mal Deine nichtgestellte Frage, ob ich GLAUBE, dass
es weiterhin Hörspiele geben wird:
Ja. Glaube ich. Jenseits aller Spekulationen, warum und wieso und für
wie lange es gerade keine Hörspiele gibt, gibt es da für mich
nämlich nur eine ausschlaggebende Wahrheit: Mit Hörspielen wird
Geld verdient. Viel Geld. Und ALLE, die daran beteiligt sind, wollen was
von diesem Geld haben. Also will auch niemand, dass die Serie eingestellt
wird. Abgesehen vielleicht von den Leuten, die NICHTS an den Hörspielen
verdienen, aber die haben auch absolut keinen Einfluss darauf. So einfach
ist das. Es gibt ja bereits drei ???-Fanseiten, auf denen einfach behauptet
wird, die Serie sei eingestellt worden. Das ärgert mich sehr, denn
es sind nichts als haltlose Gerüchte, die da die Runde machen, und
ich verstehe nicht, warum die Leute so etwas einfach auf ihre Seite stellen,
anstatt einfach mal in aller Ruhe abzuwarten.
Fußball: Was war das noch mal? Das mit den Schlägern, oder?
Ach nee, das war Tennis. Sorry, Fußball interessiert mich wirklich
nicht die Bohne, weshalb sich auch alle anderen Fragen dazu erledigen.
Kochen: Ich koche nicht gerne und nicht gut, bin aber berühmt
für meine Pfannkuchen. Aber auch nur deshalb, weil ich ein Pfannkuchengeheimrezept
habe. Das wiederum ist aber SO geheim, dass ich es hier unmöglich
verraten kann.
116) Alexander (alex.schoch@gmx.de)
schrieb am 20.11.2005 um 21:12:52: Hi André,
wenn ich einen Vergleich deiner Bücher zu anderen 3 ??? Büchern
ziehe, insbesondere zu denen aus der Neuzeit der Fragezeichen, dann sage
ich aus voller Überzeugung, und das ist meine ganz persönliche
Meinung, dass du mit Abstand die spannendsten, kreativsten und innovativsten
Bücher der drei Protagonisten aus Rocky Beach schreibst ! Das kannst
du meinetwegen als Kompliment auffassen, ist aber wie gesagt meine persönlich
Meinung, und soll schon gar nicht überheblich oder gar schleimerisch
bzw. arschkriecherisch klingen. So jetzt ist es raus, und nun zu meinen
Fragen: Die 1. Frage ist eine Persönliche: Wie warst Du in der Schule,
insbesondere in Deutsch? Diese Frage hat den Hintergrund, dass ich wissen
möchte, ob es überhaupt einen Zusammenhang zwischen dem Beruf
des Schriftstellers/Autors und den schulischen Leistungen gibt. Oder ist
es in deinen Augen völlig egal, welche Noten man nach Hause bringt,
bzw. wie gut man in besagtem Schulfach abgeschnitten hat. Denn es gibt,
glaube ich Viele, die vielleicht auch mal in den Beruf des Autors reinschnuppern
würden, und mal deine Meinung dazu hören wollen, ob sie sich
überhaupt Chancen trotz ihrer schlechten Schulnoten ausrechnen können.
Ganz nebenbei interessiert es mich auch brennend. 2. Frage (auch noch mal
persönlich): Wie reagierst Du, wenn etwas aus deiner Feder, sei es
ein Drei ??? Buch etc. von Kritikern kritisiert werden? Damit meine ich,
ob Du mit der Kritik einverstanden bist und sie vielleicht sogar konstruktiv,
für spätere Ausführungen verwenden kannst oder, ob Du gleich
aufschreist und sagst "Die können mir doch den Buckel runterrutschen".
Damit meine ich auch, ob es für Dich einen großen Unterschied
macht, ob man von jemandem kritisiert wird, den man sehr bewundert, oder
von jemandem, den man überhaupt nicht bewundert (was nicht verletzend
wirkt). So nun zur 3. und damit zu einer Feuermond Frage SPOILER (für
alle Die, die dieses Meisterwerk (im doppelten Sinne) unverständlicherweise
immer noch nicht gelesen haben sollten) Wie kommt der Nachtschatten, der
die Rolle des Mittelsmannes zwischen Brittany und Hugenay spielt, am Ende
sogar noch auf die Spur, dass beispielsweise Feuermond auf Knox Island
zu finden ist? Warum schenkt der gerissene Hugenay ihm soviel Vertrauen,
wenn er doch weiß, dass dieser ein brutaler, eigensüchtiger
Gegenspieler ist ? 4. Frage zur Thematik "alte versteckte Zentrale": Viele
Drei Fragezeichen Leser werden Dir von ganzem Herzen danken (mich eingeschlossen),
dass Du den Zustand der alten Zentrale wiederhergestellt hast. Endlich
ist alles (bis auf das Alter und die Autos der Drei) wieder so wie früher.
Allerdings stößt mir eine Kleinigkeit sauer im Magen auf. Haben
Justus, Peter und Bob nicht eine Entwicklung vom Gespensterschloss bis
zum 125. Band durchgemacht, und sind nun nicht mehr die jungen Detektive,
sondern schon im jungendlichen Alter von 16 Jahren und fahren sogar schon
Auto. Dann wundert es mich nämlich, dass Justus die Zentrale wieder
unter all dem Schrott verschwinden lassen möchte. Denn ein "richtiges"
Detektivunternehmen braucht doch eine "richtige" Zentrale, die von der
alten Oma, die ihre Handtasche vermisst, "aufgesucht" werden kann. Oder
will Justus einfach keine unerwarteten, lästigen Besucher mehr? 5.
Das ist eigentlich nicht so sehr eine Frage, sondern vielmehr eine Art
Traum. Könntest Du dir vorstellen, eine eigene Kinder/Jugendbuch Reihe
mit eigenständigen Charakteren, die sich immer wieder weiterentwickeln,
unabhängig der Drei Fragezeichen Reihe, zu schreiben? (Du liegst nicht
ganz so falsch, wenn du bei dieser Anspielung an eine gewisse Frau Rowling
denkst) Allerdings verstehe ich darunter um Himmels Willen nicht, dass
du eine zweite Harry Potter Reihe schreiben sollst, sondern vielmehr ,wie
schon gesagt eine eigenständige Geschichte aufbaust mit deinen wunderbaren,
kreativen Ideen, die du ja auch in jeder deiner Drei Fragezeichen Bücher
mit einbaust. Wie du ja schon in mehreren Beiträgen betont hast, bist
du ja ein richtiger Fan von Harry Potter geworden (wie ich im Übrigen
auch geworden bin nach dem 2. Buch). Und deine Ideen sind, wie du mit deinen
3 Fragezeichen Büchern immer wieder aufs Neue beweist, in meinen Augen
mit mindestens genauso viel Reichtum gefüllt, wie die von J.K. Rowling.
Also denk, doch mal über eine Kinder/Jugendbuch Reihe mit spannenden
Abenteuern im Stile eines Harry Potter Romans nach, wenn du entweder mehr
Zeit zum schreiben hast, oder die 3 ??? an den Nagel gehängt hast.
Es wäre wirklich phänomenal und da spreche ich bestimmt nicht
nur für mich selbst, wenn du das mal überdenken würdest.
Du hast ja selbst gesagt "Die Geschichten reichen in ihrer Qualität
nicht
an die der Harry-Potter-Bücher heran". Oder würdest du dir das
einfach nicht zutrauen, da dir so ein Roman zu komplex erscheint. Ganz
davon abgesehen würden deine Bücher auf der Marxschen Kulturskala
von 3 auf 5 steigen ?) und somit einen enormen Sprung nach vorne machen.
Verstehe das bitte nicht falsch, ich meine das völlig ernst und bin
überzeugt, dass du dir darüber bestimmt ein paar Gedanken machen
würdest. In diesem Sinne, immer weiter so !!!
André schreibt: Hallo Alexander!
Mach Dir mal keine Sorgen, ich erkenne ein Kompliment, wenn ich es sehe,
und ich bin absolut in der Lage, es anzunehmen. ;-) Vielen Dank! Nun zu
Deinen Fragen:
1. In Deutsch war ich eigentlich immer sehr gut. Und ich würde
schon behaupten, dass es da einen Zusammenhang zu meinem jetzigen Job gibt:
Wer irgendwann mal Bücher schreiben will, hat ganz automatisch schon
als Kind Interesse an Literatur und Sprache im weitesten Sinne, anders
kann ich mir das gar nicht vorstellen. Deutsch ist mir immer extrem leicht
gefallen, und der leichte Umgang mit Sprache ist ja eine Grundvoraussetzung,
wenn man einen längeren Text schreiben will. Daher glaube ich nicht,
dass es Schriftsteller gibt, die in Deutsch in der Schule schlecht waren.
Es sei denn, sie haben sich dem Unterricht bewusst verweigert (weil es
ihnen zu dämlich war) oder sie hatten ein Arschloch als Lehrer. In
diesem Fall können sie natürlich brillante Sprachkünstler
gewesen sein und trotzdem eine fünf gehabt haben. Aber das wiederum
ist fürs Berufsleben eines Autors auch völlig egal, denn es will
ja niemand Deine Zeugnisse sehen, wenn Du ein Manuskript irgendwo einreichst.
2. Mit Kritik kann ich eigentlich gut umgehen, solange sie sachlich
bleibt und begründet ist. Wenn jemand sagt: "Ich finde das Buch scheiße,
weil es doof ist", dann kann ich damit natürlich nichts anfangen und
neige eher dazu, diese Kritik nicht weiter zu beachten. Aber sobald Argumente
kommen und der Kritiker nicht unverschämt wird, kommt das alles sehr
wohl bei mir an und kann bisweilen sogar etwas bewirken.
3. Die Feuermond-Frage: Oje, ich muss gestehen, ich habe die Geschichte
schon gar nicht mehr so genau im Kopf, aber ich versuche mal mein Bestes:
Woher weiß der Nachtschatten von dem Knox-Island-Versteck? Weil Hugenay
es ihm erzählt hat. Und warum hat Hugenay es ihm erzählt? Ich
fürchte, das hat der arme Victor sich am Ende auch gefragt. Ich nehme
an, er hat den Nachtschatten einfach unterschätzt.
4. Die versteckte Zentrale wurde ja schon von mehreren Leuten bemängelt.
Das hat mich sehr gewundert, weil ich davon ausgegangen war, dass zumindest
dieser eine Punkt in "Feuermond" auf uneingeschränkte Begeisterung
stoßen würde. War aber nicht so. So kann man sich täuschen.
Jedenfalls war die NICHT versteckte Zentrale für mich immer eine fauler
Kompromiss. Außerdem ging es mir auf den Keks, dass es dort ständig
ungebetene Besucher gab. Damit haben es sich die Autoren (inklusive mir
selbst) verdammt einfach gemacht. Ich fand es früher, als es einen
wirklich absolut GEHEIMEN Rückzugspunkt für die drei Detektive
gab, viel besser. Natürlich hast Du Recht: Sie müssten eigentlich
ein bisschen aus dem Alter raus sein. Aber ich weiß noch, dass ich
als Leser (früher, als Kind) die Vorstellung einer unentdeckten Zentrale
immer ganz toll und abenteuerlich fand. Die Serie verlor ganz gewaltig
an Charme, als dieser Punkt verloren ging. Deshalb habe ich das Rad der
Zeit wieder zurückgedreht. Ich weiß, dass zumindest die Kinder
von heute eine versteckte Zentrale viel geiler finden werden als eine nicht
versteckte. Es ist ganz einfach geheimnisvoller! Und darum geht es doch
bei den drei ???, um Geheimnisse, oder?
5. Das mit der eigenen, drei ???-unabhängigen Reihe ist natürlich
eine ganz feine Idee. Und sie spukt mir schon seit etwa acht Jahren im
Kopf herum. Es gibt bereits ein paar grandiose Ideen und Konzepte und so
weiter. Aber so toll die Ideen und Konzepte auch sein mögen, früher
oder später kommt man an den Punkt, an dem man sich einfach hinsetzen
und anfangen muss zu schreiben, und um diesen Punkt habe ich mich mithilfe
neuer drei ???-Bücher bisher immer erfolgreich herummanövriert.
Ich bin sicher: Irgendwann wird es eine eigene Reihe geben. Aber frag mich
nicht wann. Ach so, und in Harry Potter-Richtung wird es ganz selbstverständlich
NICHT gehen, das wäre ja noch schöner. Überhaupt habe ich
in den letzten Einträgen vor allem deshalb so häufig Harry Potter
erwähnt, weil (fast) jeder etwas damit anfangen kann. Natürlich
AUCH, weil ich ein Potter-Fan bin, aber das war nicht der Hauptgrund. Ich
bin Fan von vielen Dingen, die meisten kennt bloß leider kein Mensch.
117) Rocky
Beacher © schrieb am 21.11.2005
um 14:34:52: Hallo André, Ich muss sagen, dass ich deine
Antwort zum Beitrag von Hojotoho sehr genossen habe. Mehr davon! ;) Das
war so bildlich, dass ich dich förmlich vor mir gesehen habe. So,
was will ich nun? Ich habe mir mal Gedanken über deine "Marxsche Kulturskala"
gemacht, unabhängig von den drei ???. Ich finde diese Skala sehr interessant
und zugleich diskussionswürdig, was gewissermaßen die Folge
davon ist, denn man redet doch nur über kontroverse, gemüterbewegende
(Einschub: Ich glaube dieses Wort existiert nicht offiziell) Themen. Ich
fange erst einmal damit an deine Definition vom Wort "Kunst" zu kritisieren,
wenn du keine Einwände hast. :) Zu spät; also du sagst, Kunst
sei das, "was von Kritikern, Feuilletonisten und Menschen, die von sich
behaupten, sich "damit" auszukennen, als Kunst bezeichnet wird. Und was
gleichzeitig auch von der breiten Masse so akzeptiert wird." Das finde
ich verwirrend. Damit unterwirft man sich doch einer Autorität, einer
höheren, bewertenden Instanz. Das heißt, eine Elite entscheidet,
was Kunst für mich ist und was nicht. Menschen, die Literatur, Kunst,
was weiß ich, studiert haben, die darüber dozieren, schreiben
und ihre "kompetente" Meinung zum Besten geben. Am Ende ärgerst du
dich allerdings über diese Autoritäten, die "nicht mal einen
Videorekorder bedienen können". Du würdest dich also nicht zu
dieser Elite zählen, denn du hast, wie du sagst, dies nicht studiert
und du schreibst "Trivialliteratur" (über diesen Begriff ließe
sich auch trefflich streiten). Dann sagst du aber, dass dieses "kompetente
Wissen" gleichzeitig auch von der "breiten Masse akzeptiert wird", soll
heißen, auch von dir und von mir und der Mehrheit der Registrierten
User hier. Dazu folgende Fragen: 1. Meinst du wirklich, dass die "breite
Masse" wirklich durchweg im Stande ist, diese "Empfehlungen" anzunehmen,
betrachtet vom Urteilsvermögen her? Oder akzeptieren es die meisten,
um sich aufzuwerten, durch eine Anerkennung dessen, durch eine Erhebung
zur Elite? 2. "Breite Masse" hat für mich etwas tief demokratisches,
sprich, die Mehrheit hat immer Recht. Dies ist jedoch nachweislich eine
bewiesene Fehlannahme und zugleich der größte Fehler einer Demokratie.
Damit meine ich, dass eine Mehrheit nie ein sicheres Anzeichen für
eine Richtigkeit, eine Wahrheit sein kann. Siehst du das anders? Es ist
doch das gleiche Problem wie mit Werten, wer legt sie fest? Nur eine übergeordnete
Instanz kann das letztlich, die sich auf den Menschen stützt, jedoch
nicht auf eine profane Mehrheit. So verhält es sich, meiner Meinung
nach, auch in Belangen der Kunst. Zur Skala selbst: Du sagst, eine 1 steht
für einfachste Unterhaltung, eine 5 für perfekte Unterhaltung
und eine 10 für Kunst ohne Unterhaltungsanspruch. Da fällt mir
zuerst auf, dass eine gewisse Flexibilität fehlt. Hojotoho hat dazu
einen schönen Satz gesagt: "Ich finde ja, wie gesagt, Unterhaltung
dann besonders unterhaltend, wenn ich bei ihr auch denken darf." Wann fängt
also Unterhaltung an? Das ist stark abhängig vom Individuum. Es gibt
Menschen, da tritt die Befriedigung ein, wenn sie einen Film sehen oder
ein Buch lesen, welches der Stufe 1 zugeordnet werden kann, lassen wir
einmal unberücksichtigt, wer diese Einteilung vornimmt. Ich möchte
hier auch gleich einmal mit dem Vorurteil (und nichts anderes ist es) aufräumen,
das alles subjektiv ist und dass sich über Geschmack nicht streiten
lässt. Es gibt nun einmal schlechten und es gibt nun einmal guten
Geschmack. Wie sich dies definiert, dazu könnte ein begabter Philosoph
eine einigermaßen deutliche Formel finden. Denn wir haben Werte,
die allgemein akzeptiert sind, allerdings nicht durch eine Mehrheit, sondern
durch den Verstand, das Gewissen, die Moral des denkenden Individuums.
Ich möchte jetzt nicht tiefer in die Gefilde der Philosophie vorstoßen,
denn das ist nicht das primäre Element dieser Diskussion. Also, was
ich damit sagen will, es gibt Menschen, die mit Medien der Stufe 1 befriedigt
sind und denen ein Medium der Stufe 2 bereits mehr Kunst (im Sinne von
Unverständnis) als Unterhaltung darstellt. So gibt es auch Menschen,
denen ein Medium der Stufe 7 zu trivial ist und sie nach mehr Kunst, mehr
Wissen, mehr Verständnis dürsten. Deine Skala ist somit von dir
geeicht, was heißt, dass du deine Position der höchsten Befriedigung
im Schnitt auf der 5 siehst, mit Platz nach oben. Somit schreibst du Bücher,
die dir künstlerisch eigentlich zu arm bestückt sind. Was aber
auch heißt, dass du mit deinem Kunstverständnis von höheren
Ebenen "Kunst" (als Element) auf diese 3-er Ebene transferieren kannst,
bzw. schon gemacht hast, dass es auf eine 3 kommen konnte oder einige Bücher
sogar auf eine 4. 10 ist deiner Meinung nach "Kunst ohne jeden Unterhaltungsanspruch".
Ist das nicht eine gehörige Antithese? Will denn Kunst nicht tief
im Inneren unterhalten. Wo haben Genies, die Kunst in den höchsten
Ebenen fabriziert haben, denn ihre Reputation her? Von Menschen, mit einem
hohen Kunstverständnis, die keinerlei Unterhaltung bedürfen oder
von Menschen, deren es an Kunstverstand mangelt und die sich dieser Kunst
nur hingegeben haben, um sich aufzuwerten, ohne jegliche Kenntnis und Erfassung
der Kunst? Beides nicht. Sie haben sie von Menschen, die erst bei einem
hohen Kunstanteil überhaupt unterhalten werden können, Menschen
mit einem außerordentlichen Kunstverstand und damit einem hohen Wissenshorizont,
wie z.B. ein Oscar Wilde. Deiner Skala fehlt, meiner Meinung nach, die
Flexibilität, resultierend aus dem Individuum. Selbst du hast ein
differierendes Kunstverständnis zwischen Literatur, Film und Musik.
Zur Skalaeinteilung: Gleiches Maß an Kunst und Unterhaltung ist also
nach meinen Betrachtungen der Schlüssel zu einem perfekten Medium
für ein bestimmtes Individuum. Beispiel: Jemand ist bei seinen Grenzen
angelangt bei einem Arztroman, für ihn ist der niedrige, eigentlich
nicht vorhandene Kunstgehalt das Maximale was noch zu einem Höchstmaß
an Unterhaltungsbefriedigung führt. Anderes Beispiel: Jemand entdeckt
immer wieder neue Aspekte, im Zusammenhang mit wachsender Reife, wachsendem
Verstand, in Goethes Faust. Er wird immer wieder herausgefordert, sein
Horizont erweitert sich dadurch jedoch und dies befriedigt ihn im Höchstmaße,
soll heißen, für ihn ist der Höchstgenuss eine 10. So,
jetzt werde ich mal unwissenschaftlich. 1 - Arztroman, Heimatfilm, anspruchslose
Volksmusik - das sehe ich genauso 3 - Die drei ???, gleichgesetzt mit Rosamunde
Pilcher und Dan Brown? Aber bitte! Rosamunde Pilcher ist doch anspruchsloser
als Die drei ???, das ist bestenfalls eine wackelige 2, von Dan Brown,
diesem Menschenverdummer gar nicht zu reden. Es gibt auch Literatur, die
mit dem Schein der Kunst verpackt ist um die eigentliche Trivialität
zu Verschleiern. Die drei ??? sind da ehrlicher, sie benutzen einen scheinkünstlerischen
Anstrich gar nicht. 5 - Harry Potter, habe ich nie gelesen und gesehen,
weil ich weiß, dass es mich nicht im Ansatz befriedigen könnte.
Bei dir ist es das Optimum, eine Waage, die sich gleichermaßen hält
zwischen Kunst und Unterhaltung. Da spielt die Ansicht, die Definition
des individuellen Verständnisses von Kunst eine entscheidende Rolle.
Man muss bedenken, dass es auf einer Skaleneinheit, mehrere Arten von Kunst
gibt, mehrere Ebenen mit gleichem Anspruch. Das habe ich auch noch nicht
bedacht, da müsste man ins Detail gehen. Dennoch würde ich Harry
Potter niedriger ansiedeln, müsste dazu aber die Originalbücher
in Englisch lesen und den Stil bewerten, was mir hoffentlich erspart bleibt.
Da gibt es gewaltige Unterschiede zwischen den einzelnen Individuen. Für
mich ist Monet größere Kunst als Picasso. Hier muss man auch
noch unterscheiden zwischen den Mitteln, mit denen die Kunst herbeigeführt
wird und mit dem Resultat. Auch ein hochkünstlerisches Resultat kann
mit weniger künstlerischen Mitteln herbeigeführt werden, das
ist noch ein Punkt, der beachtet werden muss. Salingers Catcher in the
Rye ist für mich eine 10, besonders aufgrund des Resultates, obwohl
ich auch von den Mitteln Salingers eine ganze Menge halte, wären diese
wohl eher etwas niedriger als bei einer 10 anzusiedeln. Ab 7 und 8 geht's
dann wahrscheinlich an die großen Literaten unserer Geschichte. War
dann doch nicht so unwissenschaftlich, jedenfalls hat mir dein Kommentar
einen gehörigen Anstoß gegeben mir über dieses Thema den
Kopf zu zerbrechen. Damit hast du mich in der Zeit, während ich darüber
nachgedacht habe an ein solides Maß zwischen Kunst und Unterhaltung
geführt, auch im übertragenen Sinne. Danke dafür. Entschuldigung
für dieses philosophische Abschweifen, aber du wolltest ja unbedingt
neue Beiträge... ;) Viele Grüße,
André schreibt: Himmel, da habe ich
ja was angerichtet! Nachdem ich Hojotohos letzten Eintrag geradezu vorbildlich
kurz und knapp beantworten konnte, kommst Du und wärmst das alles
noch mal auf! Also schön, auf geht's!
Bei meiner Kunst-Definition hast Du leider einen entscheidenden Punkt
missverstanden: Das, was ich da geschrieben habe, war die FÜR DIE
MARXSCHE KULTURSKALA MASSGEBLICHE Definition. NICHT meine oder gar eine
allgemeingültige Definition. Das Problem ist nämlich: Man kann
Kunst nicht so definieren, dass alle zufrieden sind. Und ich habe in meinem
Leben schon so viele Kunst-Definitions-Diskussionen geführt, dass
ich auch gar keine Lust mehr habe, es zu versuchen, denn das Thema kann
sehr ermüdend sein. Trotzdem musste ich, um meine Skala zu erläutern,
irgendeine Kunstdefinition bei der Hand haben, weil sonst unvermeidlicherweise
die Frage gekommen wäre: Was ist denn überhaupt Kunst, Herr Marx?
Also habe ich die einfachste aller Möglichkeiten gewählt und
gesagt: Kunst ist das, was "so ganz allgemein" als Kunst gilt. Das ist
natürlich sehr, sehr ungenau und blöd, aber zumindest weiß
damit jeder, welche Richtung ich hier einschlage. Es ging mir nicht darum,
über den Kunstbegriff zu philosophieren. Es ging mir darum, meine
Skala an den Mann zu bringen. Was Kunst ist und was nicht und wer darüber
entscheiden sollte, ist ein völlig anderes Thema, das ich eigentlich
gar nicht diskutieren wollte. Deshalb: Die Kunstdefinition aus Eintrag
111 hat nichts mit meinem persönlichen Verständnis von Kunst
zu tun, sie diente lediglich zur Veranschaulichung und Vereinfachung der
Marxschen Kulturskala.
Trotzdem gibt es natürlich die Leute, die sagen: Das ist Kunst,
das nicht. Und ob man dafür studiert haben muss, weiß ich nicht.
Ganz nebenbei HABE ich sogar Kunst studiert. UND Literatur! Ha! Ich müsste
also allen Nicht-Akademikern in diesem Bereich furchtbar viel voraus haben.
Habe ich aber nicht. Natürlich kann man Kunst mit ein bisschen Hintergrundwissen
ein wenig besser einordnen und vielleicht auch beurteilen, als wenn man
gar keine Ahnung von der Materie hätte. Aber das heißt ja noch
lange nicht, dass man Urteile über irgendwas fällen kann. Am
Ende muss man sich diesen ganzen Definitionskram nämlich an den Hut
stecken und sich nur noch fragen, ob einem das Bild/das Buch/der Film/das
Musikstück gefällt oder nicht. Ob es einen irgendwie anspricht
oder kalt lässt. Was mich zur Raserei bringt, ist, wenn selbsternannte
Kulturgurus sagen: "Buch X ist ja bloß Trivialliteratur, darüber
brauchen wir ja gar nicht zu reden." Sie mögen ja Recht haben, dass
Buch X trivial ist, aber das heißt doch nicht, dass es deshalb schlecht
sein muss! Oder noch schlimmer: dass es den Leser automatisch kalt lässt!
Ehrlich gesagt habe ich von trivialen Büchern und Filmen bisher mehr
profitiert als von anerkannter Kunst. Sie haben mich stärker berührt,
gefesselt und zum Nachdenken angeregt als alle Kunst dieser Welt. Warum
also, frage ich mich, gibt es Menschen, die diese trivialen Dinge nicht
gelten lassen?
So, jetzt habe ich mich SCHON wieder mitreißen lassen. Verdammt.
Dabei hast Du doch gezielte Fragen gestellt! Wie zum Beispiel: 1. "Meinst
du wirklich, dass die "breite Masse" wirklich durchweg im Stande ist, diese
"Empfehlungen" anzunehmen, betrachtet vom Urteilsvermögen her? Oder
akzeptieren es die meisten, um sich aufzuwerten, durch eine Anerkennung
dessen, durch eine Erhebung zur Elite?"
Hm, passt jetzt gar nicht mehr so richtig zum Thema, da ich es ja nicht
für ratsam halte, irgendwelche Empfehlungen anzunehmen. Aber wenn
Du schon fragst: Ich glaube, viele Menschen akzeptieren sie, um dazuzugehören.
Die stehen dann in irgendwelchen Galerien herum und behaupten, das alles
ganz faszinierend zu finden, obwohl es sie eigentlich anödet.
2. Ich glaube nicht, dass die Mehrheit automatisch Recht hat, aber
das wirft auch gleich schon wieder die Frage auf, was denn überhaupt
"Recht" ist. Recht oder Moral oder Kunst oder was auch immer - das sind
alles abstrakte Begriffe, für die man eine Definition finden kann,
sollte, muss oder auch nicht, aber auf jeden Fall sprengt das den Rahmen
dieser Fragebox, deshalb bin ich mal gemein und entziehe mich der Thematik,
indem ich flugs zum nächsten Punkt weiterhüpfe: Die Skala selbst.
Die hast Du leider etwas missverstanden. Und aus diesem Missverständnis
resultieren auch sämtliche Deiner Fragen und Kritikpunkte. Es ist
nämlich NICHT so, dass bereits mit der 2 der Kunstanspruch einsetzt
und sich kontinuierlich bis zur 10 fortsetzt. Die Kunst beginnt erst bei
der 6! Von der 1 bis zur 5 ist es lediglich Unterhaltung von der einfachsten
bis zur komplexen Sorte. Ab der 6 nimmt der Unterhaltungsanspruch zugunsten
der Kunst AB! Das ist der entscheidende Unterschied! Mrs Rowling, um mal
bei dem populären Beispiel zu bleiben, opfert für keinen einzigen
Satz in "Harry Potter" ihren Anspruch, unterhalten zu wollen. Sie will
eine Geschichte erzählen, NICHTS anderes. Sie will nicht die Welt
verändern oder ihre politische Meinung kundtun oder gesellschaftliche
Missstände anprangern oder sonst was. Dass sie es möglicherweise
mit jedem einzelnen geschriebenen Satz DOCH tut, mag sein, ist aber hier
unwichtig, weil es nämlich nicht ihr ZIEL ist. Die Intention des Kulturschaffenden
ist ausschlaggebend. Was will die Autorin? Was will der Filmemacher?
Wenn Lars von Trier in "Manderlay" die Kulissen weglässt, dann
fordert er den Zuschauer damit zu etwas auf. Er sagt: "Hallo! Aufgemerkt,
liebes Publikum! Ich habe die Kulissen weggelassen und stattdessen weiße
Klebestreifen auf den schwarzen Boden geklebt! Das ist eine eindeutiges
Kunsterkennungsmerkmal! Schön aufpassen jetzt, die nächsten 120
Minuten haben nämlich etwas zu BEDEUTEN!" Und dann kommt auch prompt
eine Demokratie-Parabel, die ganz bestimmt etwas zu bedeuten hat, und zwar
MEHR als bloße Unterhaltung: Herr von Trier möchte NICHT nur
eine Geschichte erzählen, er will uns etwas erklären oder unser
Weltbild ins Wanken bringen oder irgendwas. "Manderlay" gibt stellenweise
das flüssige Erzählen einer Geschichte zugunsten der Kunst auf.
Der Film ist also eine 7 oder gar 8.
Und vor diesem Hintergrund sind die drei ??? eben eine 3, weil sie
NUR Geschichten erzählen wollen, nichts anderes. Mit Kunst hat das
genauso wenig zu tun wie die Fünf Freunde oder Harry Potter. Von 1
bis 5 = keine Kunst. Lediglich die Komplexität der Geschichten, die
Glaubwürdigkeit der Figuren und die Originalität der Sprache
variieren von der 1 bis zu 5, mehr nicht. Deshalb habe ich mitnichten irgendwas
Künstlerisches in den drei ??? "versteckt" oder so. Es gibt keine
Botschaft, es gibt nichts zum Nachdenken, es gibt keinen doppelten Boden,
es gibt keinen Subtext, es gibt lediglich die Geschichte, mehr nicht. Die
perfekte Befriedigung finde ich daher auch nicht in einer ausgewogenen
Mischung aus Kunst und Unterhaltung. Die läge nämlich bei einer
7,5. NICHT bei der 5. 5 ist perfektionierte Unterhaltung, mehr nicht.
Nun kann man natürlich sagen: "Aber selbstverständlich hat
Harry Potter einen Subtext! Dann muss es doch Kunst sein!" Aber hier verweise
ich wieder auf die Intention des Kulturschaffenden: Ja, Harry Potter hat
einen Subtext, sogar die drei ??? haben hier und da einen, aber das ist
eher eine Unvermeidbarkeit als eine feste Absicht. Und das Hauptanliegen
der Unterhaltung wird nicht zugunsten einer "Botschaft" vernachlässigt.
Flexibilität der Kulturskala:
Der Einzelne kann sich selbstverständlich von Goethes "Faust"
besser unterhalten fühlen als von Rosamunde Pilcher. Aber das widerspricht
ja der Skala nicht! Ich sage ja nur: Bis zur 5 geht es ausschließlich
um Unterhaltung! Wer mehr will, wer Botschaft will, wer mehrere Ebenen
will, wer "was zum Denken" will (wie Hojotoho), wer Kunst will, muss jenseits
der 5 auf die Suche gehen! Zum Beispiel bei "Faust" (für mich, je
länger ich darüber nachdenke, schon eher eine 8 als eine 7).
Nächste Frage: "10 ist deiner Meinung nach "Kunst ohne jeden Unterhaltungsanspruch".
Ist das nicht eine gehörige Antithese? Will denn Kunst nicht tief
im Inneren unterhalten?"
Äääähhh ... nein. Jedenfalls nicht nach meiner
Skala. Kunst auf Stufe 10 will nicht unterhalten. Oder sagen wir so: Vielleicht
will sie schon, aber sie hat es bei mir noch kein einziges Mal geschafft.
Und schon nähern wir uns einer weiteren Definitionsfrage: Was ist
Unterhaltung? Aber auch das sprengt den Rahmen der Fragebox. Für meine
(ganz private und für den Eigengebrauch kreierte!) Kulturskala muss
ich sagen: Kunst auf der 10 ist nur noch verschlüsselte Botschaft,
nichts anderes mehr. Im Bereich der Literatur ist sie auf jeden Fall kein
Stück mehr narrativ. Ein dadaistisches Gedicht z.B. wäre Literatur
auf der 10. (Wobei der Dadaismus auch schon wieder so speziell ist, dass
er sich nicht gut als Beispiel eignet, aber mir fällt gerade nichts
anderes ein.) Das kann natürlich auch unterhaltsam sein, aber der
Unterhaltungsaspekt ist nicht vom Künstler beabsichtigt oder gar herausgearbeitet
worden. Er ergibt sich eher zufällig, und es ganz allein dem Rezipienten
zu verdanken, wenn er sich irgendwie unterhalten fühlt.
Pilcher und Brown: Ich muss gestehen, ich habe Rosamunde Pilcher nie
gelesen, kann mir also eigentlich kein Urteil erlauben. Die 3 für
Pilcher war geraten. Die 3 für Brown war nicht geraten. Brown hat
ein paar Stärken und ein paar (große!) Schwächen, genauso
wie die drei ???, daher passt das für mich schon. Man muss dann halt
sehen, welche Unterhaltungsaspekte einem persönlich wichtig sind.
Ist einem ein genau recherchierter Hintergrund wichtig beim Lesen einer
Geschichte? Dann ist man mit Dan Brown gut beraten. Wenn man glaubwürdige
Figuren sucht, sollte man besser einen Bogen um ihn machen. Wer phantasievolle,
knifflige Plots im Bereich Kinderkrimi sucht, ist mit den drei ??? bestens
beraten. Dafür hapert es hier häufig bei der Glaubwürdigkeit.
So oder so: Man landet bei der 3, finde ich.
Und "Catcher in the Rye" darf auch nicht auf die 10, denn dieses Buch
IST narrativ, also unterhaltend, und hat daher auf der 10 in der Marxschen
Kulturskala nichts zu suchen. Wenn ich es mit Goethes "Faust" auf der 8
vergleiche, ist "Catcher in the Rye" höchstens eine 7, eher eine 6.
So. Mit etwas Glück ist die Fragebox geschlossen, bevor alle über
mich herfallen können, weil ich wieder nur Bockmist verzapft habe.
Aber lassen wir uns mal überraschen!
118) Stephan
© (smasterfrank@web.de)
schrieb am 24.11.2005 um 17:58:18: Hallo
André, magst du eigentlich diese Monster-Einträge, oder lieber
diese Einträge, wo du 'nen Zweizweiler druntersetzen kannst und gut
ist? Ich als Fan hab lieber diese ellenlangen Einträge. Endlich nimmst
du mal richtig Stellung zu den Dingen. Wovor hast du eigentlich Angst bei
diesen langen (und auch sehr ins Detail gehenden) Eintägen (Weil du
schreibst ja immer, dass du dich kurzfassen willst und so)? Und vom Aufwand
her dürfte es für dich als Autor doch auch nicht unbedingt sooo
anstrengend sein, oder? Aber noch 'ne Nebenfrage zur Marx'schen Kulturskala,
müsste es solche Skalen nicht eigentlich schon geben frag ich dich
jetzt mal, da du dich da eigentlich Auskennen müsstest weil das ja
dein Beruf ist und so? Und noch eine letzte Frage, wie lange brauchst du
eigentlich immer, um so eine Frage zu beantworten? Schreibst du da direkt
drauf los oder denkste vorher auch mal richtig lange nach. Wie lange hast
du für meine Fragen zum Beispiel eigentlich gebraucht? MfG Stephan
André schreibt: Also, die Zweizeiler-Antworten
gehen zwar schnell, sind aber meist etwas langweilig. Ich habe ja auch
Spaß an ausführlichen Antworten, sonst würde ich sie ja
nicht geben. Aber manchmal, so wie in jüngster Vergangenheit, sprengen
sowohl die Fragen als auch die Antworten ein klein wenig den Rahmen. Zum
einen frage ich mich, wer das ganze Zeug noch lesen soll (zumal die Fragebox,
rein Layout-technisch, ja auch nicht gerade lesefreundlich ist). Zum anderen
sitze ich an einer Antwort wie 111 oder 117 schon ziemlich lange. Ein,
zwei Stunden gehen da ganz gern mal drauf. Hinzu kommt, dass ich die Antworten
nie sofort abschicke, sondern immer mindestens einen Tag ruhen lasse, damit
ich sie noch mal überarbeiten kann. Ist eine Art Berufskrankheit:
Lass NIEMALS jemanden einen unredigierten Text lesen!
Angst habe ich bei der Fragebox vor allem davor, zu viel preiszugeben.
Ich will schon offen und ehrlich Rede und Antwort stehen, aber gleichzeitig
möchte ich natürlich nicht zur öffentlichen Person mutieren.
Einige Dinge gehen die Leute schlicht und ergreifend nichts an, und ich
spreche jetzt nicht von privaten, sondern durchaus auch von beruflichen
Sachen. Ich bewege mich immer sehr scharf an der Grenze zum Zu-viel-Erzählen.
Die Marxsche Kulturskala: Ja, solche Skalen gibt es garantiert schon
zu Dutzenden, aber ehrlich gesagt interessiert mich dieses Zeug nur, wenn
ich es selbst erfinde. Ansonsten halte ich nicht viel von dieser Art von
theoretischer Auseinandersetzung.
So. Für die erste Fassung dieser Antwort habe ich etwa zehn bis
fünfzehn Minuten gebraucht. Für das Redigieren noch mal drei
oder vier Minuten.
119) Rocky
Beacher © schrieb am 24.11.2005
um 21:35:10: Hallo André Erst einmal danke, für die
Antwort. Und entschuldige noch einmal, dass ich so weit ausgeholt habe.
Ein kleiner Anfall von Philosophie hat mich da wohl geritten, deine Skala
auseinander zu nehmen und in einen gewissen Kontext bringen zu wollen.
Es ist natürlich immer ermüdend und am Ende doch unbefriedigend,
abstrakte, aber doch lebenselementare Dinge, definieren zu wollen. Aber
ist es nicht eine Folge von einem Bedürfnis nach Sicherheit, in Form
von Gewissheit, welche es in der Welt offensichtlich nicht zu geben scheint?
Im Grunde könnte man sicher sagen "Kunst ist das, was der Konsument
für Kunst hält" Am Ende zählt, da bin ich ganz deiner Meinung,
nur, ob es einem gefällt oder nicht. Mit Begriffen wie Moral oder
Recht, um bei den Beispielen zu bleiben, funktioniert das jedoch nicht.
Man kann nicht sagen, "Recht ist das, was der Bürger für Recht
hält". Deswegen wahrscheinlich auch mein Ansatz einer Kunstdefinition.
Aber gut, weg von der Philosophie. Bleiben wir bei "Kunst ist das, was
der Konsument, sprich das Individuum, für Kunst hält" uns somit
kann man natürlich nicht über "Trivialliteratur" hinwegsehen.
Ich möchte nicht sagen, dass mich Trivialliteratur sehr viel mehr
geprägt hat als das andere Extrem, aber ich bin ja schließlich
hier, weil ich die drei ??? liebe, ich so gut wie alle Bücher gelesen
habe und sie mir viele schöne Stunden bereitet haben, wie auch einige
andere "triviale" Medien. Ich glaube übrigens auch, dass viele Menschen
immer wieder dahin abdriften, für sie unbefriedigende "allgemeingültige"
Kunst, für Kunst zu halten, um sich aufzuwerten. Zur Skala: Aha, die
Kunst beginnt erst ab der 6, das hatte ich in der Tat anders aufgefasst.
7,5 wäre also dann das ausgewogene Verhältnis. Das ist dann aber
von 5-10 doch ultimativer als von 1-5, da es dort keinerlei Kunstanteil
gibt, bei 5-10 jedoch einen Unterhaltungsanteil, auch wenn er abnimmt.
Da würde sich so mancher doch die Frage stellen, ob im Umkehrschluss,
entgegen deiner These, Literatur ohne Kunstanspruch in Perfektion nicht
dadurch schon einen Kunstanteil beinhalten würde und dieser eben nicht
durch eine anfänglich kontroverse Intention verloren gegangen wäre.
Denn nur das Resultat zählt doch für den, der bewertet. Mal naiv
gefragt, nach deiner These, müsste dann der Autor von Kunst die feste
Absicht haben, Kunst zu schaffen. Wie auch immer. Kern deiner Skala bleibt
aber, dass mit steigendem Kunstanteil, die Unterhaltung fallen muss. Jetzt,
da ich deine Skala hoffentlich verstanden habe, kann ich deine Wertungen
besser nachvollziehen. Faust I. wäre bei mir auch eine 8; Faust II.
eher eine 9. Der Catcher wahrscheinlich eine 7. Du schreibst jetzt, wie
du meinst, "3-er Bücher", wenn du mal ein Buch außerhalb der
drei ??? - Reihe schreiben würdest, welche Wertung würde es auf
deiner Skala deiner Meinung nach haben? Und welche "allgemeingültigen"
Werke der Weltliteratur, ohne sich um den Begriff zu streiten, du weißt
ja, was gemeint ist, haben dir am meisten gegeben? So, ich hab's noch in
die Fragebox geschafft und ich hoffe, ohne über dich hergefallen zu
sein! ;) Viele Grüße, Florian
André schreibt: Also, um mich jetzt
mal WIRKLICH kurz zu fassen, überspringe ich die ersten drei Viertel
Deines Eintrags mit der Bemerkung: Wie schön, dass jetzt alle Missverständnisse
geklärt sind!
Deine Frage nach der möglichen Nicht-drei ???-Buch-Wertung ist
sehr lustig, denn die kann ich natürlich nicht beantworten, ich habe
das Buch schließlich noch nicht geschrieben! Da für mich die
5 die perfekte Unterhaltung ist, strebe ich natürlich eine 5 an, lande
aber vielleicht bloß bei der 4. Oder ich stelle fest, dass ich nach
all den Jahren so drei ???-geeicht bin, dass ich bis ans Ende meiner Tage
nicht über eine 3 hinauskommen werde. Ich hätte auch nichts gegen
eine 6 einzuwenden. Aber alles ab der 7 wäre mir schon zu anstrengend.
(Was wiederum nicht heißt, dass ich noch nie 8er- oder 9er-Texte
geschrieben hätte. Aber das war damals, in einer anderen Phase meines
Lebens. ;-))
Die Weltliteratur: Oje, das ist so eine Frage, bei der ich mich scheue,
der Wahrheit allzu nahe zu kommen, denn das würde enthüllen,
dass ich bisher einen ziemlichen Bogen um die Weltliteratur gemacht habe.
Abgesehen von dem Zeug, mit dem man so in der Schule traktiert wird, steht
nicht viel in meinem Bücherregal. Anders gesagt: Die Weltliteratur
hat mir nur in den allerseltensten Fällen wirklich etwas gegeben.
Gut fand ich Goethes "Werther", aber das habe ich mit 17 gelesen; heute
fände ich es wahrscheinlich doof. Auch nicht allzu schlecht fand ich
"Unterm Rad" von Hermann Hesse, aber auch hier schlug mein damaliges Lesealter
sehr zu Buche. Immer wieder gern genannt: "Die Unendliche Geschichte",
die ich jetzt mal frech zur Weltliteratur zähle. Und da bröselt
es auch schon. Thomas Mann? Gähn! James Joyce? Gäääähn!
Schiller, Moliere, Kafka? Gäääähn! Okay, Kafka war
stellenweise noch ganz lustig, aber den Rest fand ich wirklich öde.
120) LaFlamme
© schrieb am 25.11.2005 um 01:49:00:
Hallo André! Na dann helfen wir mal nach die Fragebox schneller
zu schließen. :-) Ich möchte auch nochmal in dem einen oder
anderen Punkt nachhaken.
Zur Frageflaute: Ich denke das hängt damit zusammen, daß
es mittlerweile in diversen Frageboxen überschlagsmäßig
1500 Fragen an dich gegeben hat. Auch wenn sich x davon wiederholt haben,
sind damit die "Standardfragen" abgehandelt, und wir müssen uns neue
ausdenken. Das ist auch nicht einfach. :-)
Nun zum eigentlichen Grund. Du hast erwähnt, das neue Buch sollte
ein "Return to Nebelberg" werden, aber du bist mit dem Konzept nicht ganz
hingekommen. Ich selbst fand den Nebelberg ja sehr gut (Note 1 plus, Platz
6/126), aber nachdem am Ende das Gold gefunden, das Phantom entlarvt und
dem Haus jegliches Geheimnis entrissen wurde blieb da doch einfach nur
mehr ein Berg übrig, dessen Spitze meistens im Nebel liegt. Nicht
mehr, nicht weniger, und meiner bescheidenen Meinung nach hätte das
doch keine weitere Geschichte getragen, oder? Können wir trotzdem
einen Teil des Konzepts erfahren, wie du dir das vorgestellt hättest?
Und erinnere ich mich eigentlich richtig, daß du selbst das Buch
nicht so gelungen fandest - im Gegensatz zu uns in der älteren Zielgruppe...
André schreibt: Ja, LaFlamme, Du
hast natürlich mit jedem Deiner Einwände Recht: Eigentlich gibt
der "Nebelberg" nicht genug für eine Fortsetzung her. Und ich mochte
das Buch auch nicht besonders. ABER: Es gab da ja diesen FEHLER, den ich
mir bis heute nicht verzeihen kann! Ich möchte ihn hier ungern wiederholen,
weil er so peinlich ist, aber auf jeden Fall war es ein grober logischer
Schnitzer. Und meine Idee war: Was wäre, wenn das eines Tages auch
den drei ??? auffällt - dass da irgendwas bei der Auflösung des
Falls "Nebelberg" nicht stimmen konnte? Und sie bei ihren weiterführenden
Überlegungen und Recherchen auf einen weiteren Fall stoßen,
der sozusagen schon von Anfang an unter dem Nebelberg-Fall versteckt war?
Dieser Fall würde dann den vermeintlichen logischen Fehler aus "Nebelberg"
auflösen, ansonsten aber eine komplett andere Geschichte erzählen.
Gib zu: Die Idee ist gut. Nur leider stieß ich beim Konzipieren
von "Nebelberg 2" auf immer größere Schwierigkeiten. Die Handlung
vom "Nebelberg" ganz nebenbei einfließen zu lassen, ohne dass es
stört, erwies sich als nicht machbar. Also habe ich den Plan nach
langem Hin und Her (die ersten Entwürfe sind schon eineinhalb Jahre
alt) schließlich aufgegeben.
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