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+++ Die Ferienbande und das voll gemeine Phantom (2) +++

 
 
Was die Hülle verspricht ...
CoverbildDie Ferienbande kann's nicht lassen! In ihrem zweiten großen Abenteuer werden die Freunde richtig gefordert, denn im Internat geht es drunter und drüber. Eine Lehrerin wurde brutal ermordet! Natürlich stehen unsere Helden der Polizei mit Rat und Tat zur Seite, ob diese das will oder nicht. Während die Ferienbande noch damit beschäftigt ist, grundlos soziale Randgruppen zu verdächtigen und Bröckchens ernormen Nahrungsmittelbedarf zu stillen, schlägt das gemeine Phantom erneut zu. Nun beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. Kann die Ferienbande einen erneuten Anschlag verhindern? Was hat es mit dem seltsamen Bild auf sich? Warum ist Baul so ein unerträglicher Klugscheißer, und was zum Teufel ist bloß so toll an Norwegen? Außerdem droht noch Konkurrenz in Form einer weiteren Jugendbande, die immer einen Schritt voraus zu sein scheint ...
Inhalt
1) Eine unheimliche fiese Eröffnungssequenz (2:26)
2) Das neue nervige Titelthema (1:00)
3) ... in ihrem eigenen Blut (5:36)
4) Kommissar Tappert ermittelt (4:48)
5) Lagebesprechung in der Zentrale (5:19)
6) Bei den Zigeunern (4:40)
7) Bei den Rockern (6:10)
8) Ein weiterer Mord (2:27)
9) Spurensuche im Kopierraum (7:14)
10) Überraschende Schlussfolgerungen (5:49)
11) Im Eiscafé (6:30)
12) Der alte Leuchtturm (6:51)
13) Ein musikalisches Rätsel (6:08)
14) Der dunkle Gang (3:40)
15) Die Verfolgungsjagd (3:44)
16) Auflösung am Hafen (6:34)
Studio-Infos
Sprecher: Kai Schwind, Sven Buchholz, Chris Peters, Matthias Keller, Veronika Neugebauer, Stefan Sprang, Rainer Dachselt, Katrin Wiegand, Hennes Bender, Monty Arnold, Konrad Halver, Alexandra Maxeiner, Andreas Fröhlich, Johann König, Martin Pesch, Helge Heynold, Michael Quast
Buch: Kai Schwind und Katrin Wiegand
Musik: Viktor Weimer, Lead-Gitarre: Niko Efthymiou
Produktion: Kai Schwind und Sven Buchholz
Technik und Schnitt: Sven Buchholz
Regie: Kai Schwind
Autostunts: Kai Schwind (Dank an Margret Güttler für den Nissan)
Artwork: Hufsound
Cover-Illustration: Sven Buchholz
Erscheinungsdatum: 14.03.2005
Homepage: www.ferienbande.de
Rezension
Bereits vor dem Öffnen der CD springt dem Hörer auf der Rückseite die Warnung ins Auge: "Ab 12 Jahre - Kein Kinderkram!". Angesichts dieser - womöglich gar zu großzügig bemessenen - Altersbeschränkung drängt sich der Verdacht auf, die erste Hörspielfolge, "Die Ferienbande und die entsetzlichen Ferien", könne bei erstaunt-verwirrten Hörerinnen und Hörern in der eigentlichen Kinderkrimi-Zielgruppe sowie ihren Erziehungsberechtigten für einigen Wirbel gesorgt haben? Fürwahr, die "Ferienbande" ist eine perfekte Parodie auf das Genre des Kinderkrimis (bzw. dessen Adaptionen als mehr oder minder billig produzierte Hörspiele) und hat sich ihren Vorbildern so chamäleonartig angepaßt, daß es zumindest bei flüchtigem Blick auf die Oberfläche zu folgenschweren Verwechslungen kommen kann ...

Wer die Ferienbande nach dem Hörgenuß der ersten Radio-Comedy-Folgen und des ersten Longplayers auch weiterhin begleiten wollte, konnte dies tun: seit Ende 2003 jagten Kai + Sven drei weitere Folgen über den Äther, die im Unterschied zu ihren Vorgängern allesamt als Dreiteiler daherkamen.

Bernd, Baul, Bröckchen, Babsi und Bambi hatten bis zu diesem Zeitpunkt von Folge zu Folge die Erwartungen auf ein noch höheres Niveau stets nicht nur schüren, sondern auch erfüllen können. Verfolgte man bislang ungläubig, wie die Ferienbande den Kraftakt, die eigene Meßlatte immer noch ein Stückchen weiter nach oben zu verschieben, mit schier unfaßbarem Schwung meisterte, so ist nach den jüngsten Radio-Comedy-Folgen und dem zweiten Longplayer das Limit des menschlich Möglichen wohl erreicht. Die langsam eingeschliffenen Running Gags waren spätestens im furiosen Finale der 9. Folge "Der fatale Fall" dermaßen konsequent abgefackelt worden ("Wo ist der blöde Köter, ist der schon tot?"), daß das Unternehmen einer Steigerung immer waghalsiger erschien, und auch sonst tat sich in "Die bedrohliche Begegnung", "Der fatale Fall" und "Das gespenstische Gespenst" nicht sonderlich viel. Die Handlung erwies sich in allen drei Fällen als gewohnt und gewollt banal, die Figuren und ihre Dialoge schrillten um die Wette, und das eine oder andere Detail vermochte selbst den eingeweihten Hörer noch zu überraschen, doch im Großen und Ganzen wuchs die Befürchtung, die juvenilen Rotzlöffel könnten ihr Parodiepulver allmählich verschossen haben, sich auf ihren selbstgedrehten Lorbeeren ausruhen und sich darauf beschränken, dem Hörer Comedy-Kost zu kredenzen, die zum Glück nach wie vor erstklassig, aber zugleich auch irgendwie immer routinierter und berechenbarer daherkam. Drohte die Ferienbande allmählich in genau eben jene stereotype Bahnen zu geraten, die bislang ausschließlich ihren berühmten Vorbildern vorbehalten zu sein schienen?

Stolperten Bernd und die anderen Blagen in ihrem ersten CD-Fall noch durch die Gegend und mehr per Zufall in ihr entsetzlich blamables Ferienabenteuer, so legen sie es nun geradezu darauf an, eine mysteriöse Mordserie an ihrem Internat aufzuklären - und nicht nur dem phlegmatischen Inspektor Tappert mitsamt seines Assistent-Emporkömmlings Draeger, sondern auch ihren vermeintlich schärfsten Konkurrenten, der "anderen Bande" zuvorzukommen. Der von Katrin Wiegand und Kai Schwind ersonnene Plot wirkt komplexer als der eher episodenhaft angelegte Trip nach Rügen, und auch hinsichtlich der Laufzeit haben Kai + Sven noch einen drauf gelegt: die luxuriöse Überlänge von 79 Minuten ist jedoch nicht der einzige Bereich, in dem man an die Grenzen des Machbaren angelangt zu sein scheint.

Die Protagonisten bieten die vertraut gewordenen und notwendigerweise eindimensionalen Charakterzüge, und ihre SprecherInnen bewegen sich auf dem bereits gewohnten und dennoch immer wieder außergewöhnlich hohen Level. Bröckchen und (insbesondere) Bernd erscheinen in ihren Aktionen und daher auch in ihrer sprachlichen Darbietung sogar noch eine Spur dümmlicher, sprich: hysterischer und überdrehter, als je zuvor - was vor allem in den ausgedehnten sinnentleerten Dialogen für ein Quentchen mehr Situationskomik und Slapstick sorgt, den Hörer aber - je nach Veranlagung und Schmerzgrenze - durchaus zur quälenden Frage bewegen kann, wann denn nun endlich die Krankenwagensirene aufzuheulen beginnt, um die Ferienbande komplett in die Klapse einzuliefern. Die Sprecher der Nebenfiguren und die "Gaststars" - zahlreiche Kabarettisten nebst Andreas Fröhlich, Veronika Neugebauer und Konrad Halver - fallen in ihren Leistungen (und das ist im Vergleich zur ersten CD neu!) ausnahmslos nicht ab und schlagen sich wacker. Die Atmosphäre ist wie immer außerordentlich dicht: die Geräusche sind von vorne bis hinten stimmig, und die Musik weckt - natürlich bis auf die erste Titelmelodie ... - wie schon im ersten Hörspiel ausschließlich angenehme Erinnerungen an einen Musiker, der sich mittlerweile u.a. als Chorleiter seine Noten verdient.

In den Nebensträngen und Nischen der Handlung widmen sich die Autoren neben Altbekanntem hier und da bislang noch nicht behandelten Themen, die jungen und erwachsenen Hörspielfans am Herzen liegen, und auch das Serienkonzept wird - bei allen vertraut gewordenen Stereotypen - teils behutsam, teils extrem gewagt erneuert. Das augenfälligste Detail sei hier erwähnt: die Ferienbande verfügt plötzlich über eine "Zentrale", bei der es sich eben nicht mehr um das bekannte Internatszimmer von Bernd und Bröckchen, sondern um eine ausrangierte Telefonzelle auf dem Pausenhof handelt, deren Zugänge so geheim sind, daß selbst die vier Meisterschnüffler geraume Zeit benötigen, um sie zu finden. Als wäre das noch nicht abgefahren genug, so beschäftigt die Ferienbande nun auch noch eine - hier neu eingeführte - Sekretärin, die auf den Namen "Irene Hitchcock" hört und wie ein nervtötender Mynah-Vogel krächzt, wenn sie nicht gerade (aus den Bandenmäulern reichlich absurd anmutende) Befehle entgegennimmt. Eine Sekretärin für die Ferienbande? Nonsens in Reinkultur, gewiß - aber vielleicht doch schon eine Spur zu unsinnig? Es bleibt wohl jedem Hörer selbst überlassen, ob solch abstruse Verschiebungen der Koordinaten des Serienkonzepts den Rahmen sprengen oder nur dehnen. Als halbstark-planlose und daher überhebliche Möchtegern-Detektive, die im Inneren jedwede Bodenhaftung verloren haben, sich aber in ihrem Größenwahn durch eine erschreckend normale Realität bewegen, wirkte die Ferienbande authentisch und idiotisch zugleich - eine Mischung, die weitaus skurrileren Humor hervorbrachte.

Nicht nur die Maße, auch der Inhalt des Rahmens wird für den einen oder anderen Hörer zum Problem: es ist nämlich nahezu unmöglich abzuwägen, welche Farbkleckse auf die Parodieleinwand gehören, und welche dort ganz einfach nichts zu suchen haben. Hatte man bei der ersten CD noch das Gefühl, jeder Satz und jedes Wort erfülle seinen Sinn, auch wenn man mangels Kenntnis gleich welcher 'Originale' nicht alles sofort begriff, so drängt sich bei den einen oder anderen Partien des zweiten Hörspiels durchaus der Gedanke auf, daß auch ordentlich danebengegriffen wird - vor allem dann, sobald die Handlung Längen aufweist oder gar, wie z.B. im arg zusammengeschusterten Rätsel um den "Aufsatz des Verderbens", elementare Schwächen zeigt, deren Bewertung nicht leicht fällt, weil sich alles unter dem Deckmantel der Parodie verstecken kann.

Ist z.B. die oben erwähnte Altersbeschränkung ernstgemeint oder doch nur ein ironischer Seitenhieb auf berühmt-berüchtigte "Ab 12 Jahre"-Warnungen der Hörspielgeschichte? Erfüllt das zwar ironisch gefärbte, aber dennoch ziemlich leere Geleitwort von Annette Bastian (in ihrer Funktion als Autorin des Buchs "Das Erbe der Kassettenkinder") einen Sinn, oder ist es doch nur ein augenzwinkerndes Imitat des Künstlerische-Gesamtleitung-Segens des Prof. Dr. Beurmann oder der lachhaften Unbedenklichkeitserklärung des Prof. Dr. Schemme in den Braun'schen John-Sinclair-Hörspielen? Handelt es sich bei den zwar gut gespielten, aber dennoch ellenlangen Beratungsszenen wirklich um bedeutungsloses und überflüssiges Geplänkel oder hat man schon wieder zig Anspielungen verpaßt? Oder aber ist das Geplänkel, gerade weil es bedeutungslos ist, eine Anspielung?

Nahezu alles könnte man auf die parodistische Goldwaage legen und den Autoren selbst bei bitterernsten Defiziten Narrenfreiheit gewähren. Doch obschon sie als Persiflage angelegt ist und den Bezug zu den auf den Arm genommenen 'Originalen' ständig präsent hält, hat die Ferienbande als Serie längst eigenständiges Profil gewonnen und dieses im Laufe der einzelnen Folgen (mal mehr, mal weniger) zu schärfen verstanden. Das Konzept der Ferienbande weist genügend Eigenleben mit liebgewonnenen Feinheiten auf - zugleich gehorcht die Dramaturgie stets den allseits bekannten Regeln des Genres. Daher konnte man der Ferienbande auch ohne Subtext zuhören. Wenn das Hörspiel allerdings von sich aus Schwächen zu zeigen beginnt und selbst der Griff zur Anspielungsbrille auffällige Risse nicht wirklich zu verkleistern weiß (weil man entweder vor lauter winkenden Zaunpfählen nichts mehr sieht oder aber komplett ins Leere starrt), dann haben der Hörer und das Hörspiel ein Problem ...

... ein Problem, das man in Anbetracht der Gesamtleistung der Ferienbande-Crew nicht zu hoch hängen sollte, gewiß. Aber es ist einfach schade um einige Passagen dieses Hörspiels, so z.B. um das Ende. Die Auflösung des ersten CD-Hörspiels war in ihrer Kombination aus Originalität und Hintergründigkeit geradezu meisterhaft - die Auflösung der zweiten CD ist in ihrer Wiederholung leider einfach nur platt. Dies wird zwar von Baul und den anderen in obligatorischer Kinderkrimi-Kritik moniert, könnte also als gewollter Gag gedeutet werden. Gleichwohl ist dies der Schlußakkord einer verstreut aufblitzenden Kette von abenteuerlichen Handlungsverrenkungen und Einfallslosigkeiten - und ein dem gesamten Hörspiel unwürdiges Ende, an dem man sich eher ein wenig verschaukelt vorkommt: wer verrenkt sich hier bzw. wer ist hier einfallslos: das Hörspiel oder der Hörer?

Fazit: "Die Ferienbande und das voll gemeine Phantom" bietet im Vergleich zur ersten CD kaum Neuerungen, sprich: kaum Steigerungen. Das Niveau der Produktion ist weiterhin extrem hoch, und die Ferienbande-Macher bewegen sich mit ihrem Drehbuch und dessen Ausführung nach wie vor in Sphären, die ihre Vorbilder schon vor Jahrzehnten aus den Augen verloren haben. Aber noch höher ging es diesmal wohl wirklich nicht mehr - wo will ein Gipfelstürmer auch hin, wenn er, allein auf weiter Flur, schon längst die Fahne in den Fels des höchsten Plateaus gerammt hat? Vor so einer Aufgabe müssen selbst die Reinhold Messner der Kinderkrimi-Parodien kapitulieren; da mag man ihnen verzeihen, daß sie den Versuch des unmöglichen Aufstiegs dennoch wagen und dabei auch schon mal mit einem Fuß ins Leere tappen.

Man möchte die Ferienbande auch künftig nicht in der Hörspiellandschaft missen, in der sie auf einem schon vor längerer Zeit mit Leichtigkeit erklommenen Achttausender thront, von dem sie scheinbar niemand vertreiben kann. Und da es höher nicht geht, ist zumindest zu hoffen, daß ihr die Luft nicht zu dünn werde, und daß sie aus eigener Kraft dort oben bleiben möge - während sie so langsam eben jenes Gesetz der Serie zu spüren bekommt, über das Kai + Sven sich auch im zweiten langen Hörspiel noch so souverän lustigmachen. 

Sven Haarmann (rocky-beach.com), 09.04.2005


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