Sprecher: Kai Schwind, Sven Buchholz, Chris Peters, Matthias Keller, Sascha Draeger, Maud Ackermann, Andreas von der Meden, Noah Sow, Alexandra Maxeiner, Michi Herl, Katrin Wiegand, Konrad Halver, Santiago Ziesmer, Johann König
Buch: Kai Schwind und Katrin Wiegand
Musik: Viktor Weimer
Produktion: Kai Schwind und Sven Buchholz
Technik und Schnitt: Sven Buchholz
Regie: Kai Schwind
Artwork: Hufsound
Cover-Illustration: Sven Buchholz, Selina Jakumeit
Erscheinungsdatum: 12.10.2007
Homepage: www.ferienbande.de |
Seitdem zwei Jahre nach der CD-Premiere 2005 auch Folge 2 erschienen war, hatten Kai und Sven sich - mit der Ausnahme einer letzten Radiocomedy-Folge ("Das obszöne Obst") auf die Live-Darbietung der Ferienbande konzentriert und landauf landab Tausende von Besuchern begeistert. Und immer wieder fragte man sich: wird es noch eine dritte CD geben? Nun ist es also soweit - der dritte Longplayer der Ferienbande ist veröffentlicht, diesmal geadelt durch einen Vertrieb bei WortArt. Endlich, so könnte man laut ausrufen, endlich sind die vier Trash-Trottel wieder unterwegs, um bösen Schurken und harmlosen Zeitgenossen das Hörer-Zwerchfell über die Ohren zu ziehen - doch tun sie dies wirklich? Können die Macher das bei Folge 2 bereits mit hörbaren Mühen gehaltene Niveau auch weiterhin so hoch stemmen?
Unerträgliche Schmuggler - klingt nach Enid Blyton? Richtig. Die Ferienbande macht (na, was wohl?) Ferien bei Bröckchens Tante Pfanni und Onkel Tarantino in der Hügelhütte, hinter deren idyllischer Fassade sich allerdings diverse Abgründe auftun - von einer "altmodischen" Haushälterin namens Blyden gar nicht zu reden. Bis hierhin lässt sich die Blyton-Systemkritik gut an, aber leider kommt die nun folgende Storyline genauso blytonbehäbig daher und zerfasert vor den Ohren des Hörers: auf ihrer Suche nach mafiösen Strukturen und einem geheimnisvollen Schmugglerring verdächtigen die vier Bengel alsbald den cholerischen - wie bei den aktuellen "Fünf Freunde"-Hörspielen von Andreas von der Meden gesprochenen - Onkel als Drahtzieher und geraten nicht nur an die militanten Feministinnen Hanne und Nanne (womit dann auch Blytons Internatsbücher abgehakt wären), sondern sie stolpern fortan durch jede Menge Situationen und Szenen, die der Spannung nicht immer dienlich sind. Dem Humor leider auch nicht.
Selten versprühen die Dialoge den Scharfsinn und das Tempo der früheren (Radio-)Werke, und nur hier und da blitzt noch die alte Klasse in Form von Slapstick, Situationskomik und Parodie auf, die Lachmuskeln und Stirnfalten gleichermaßen beansprucht: alles wirkt sonderbar weichgespült, bemüht lustig, nicht mehr wirklich innovativ und ergeht sich in Fast-Wiederholungen. Natürlich mit einigen Ausnahmen: der Versuch der Ferienbande, mit Funkgeräten zu kommunizieren, ist ein Brüller, ebenso wie die ironischen Banalitäten in den Gangsterdialogen, und die Namensgebung des "Wolf(!)sschanze"-Blockwarts ist als süffisanter Nadelstich Richtung TKKG-Original gelungen (wer meint, Nazis hätten in einer Fünf-Freunde-Kulisse nichts zu suchen, lese einige Blyton-Bücher im Original). Doch solche Highlights sind rar gesät: viele Gags sind einfach keine und demzufolge nicht witzig oder eben meilenweit vom Standard der ersten beiden Folgen entfernt. Drei Szenen, die wie Fremdkörper im Hörspiel wirken, seien noch erwähnt, da sie jede für sich nur auf einem Gag basieren: im mysteriös-sinnfreien Intro wird Bernd mit seinem stimmlichen Alter Ego Sascha Draeger (der nach dem Einsprechen übrigens auf die Gage verzichtete) und mit den dunklen Flecken seiner Beate-Vergangenheit konfrontiert, in Track 2 präsentieren die Macher einen neutralen Kommentar zum Rechtsstreit um die drei ???, und das Ende bietet als Bonus-Track eine Lesung mit Andreas von der Meden, bei der unklar ist, was daran nun witzig sein soll: dass eine vielgeliebte Hörspielstimme mit Verve Liebesschnulzenkitsch rezitiert - oder der Altherrenwitz am Schluss? Schade, dass die CD so endet.
Schade auch, dass den meisten Dialogen ein strafferes Korsett fehlt - sie sind zu lang und überdies zu schleppend inszeniert. Aber gut, könnte das Absicht sein? Drosselte man mit Absicht das Tempo, eben weil man sich hier auf Enid Blyton und ihren gemächlichen Erzählstil beruft? Mag sein, nur: ist das noch Parodie, oder eben nur noch Imitation? Für einen Moment blitzt Selbstironie auf, wenn Baul gegen Ende der Handlung erleichtert ausruft, nun komme endlich "für 5 Pfennig Dramatik in die Geschichte". Er hat ja auch Recht - vorher war wirklich wenig Dramatik investiert worden, und vielleicht sind auch bewusst abgesägte Spannungskurven ein Restflackern des von den ersten beiden Folgen bekannten doppelbödigen Spiels. Bei den "unerträglichen Schmugglern" weiß man leider nicht so recht, ob die Autoren sich nicht entscheiden konnten oder ob sie sich einer einheitlichen Linie bewusst enthalten wollten.
Auch die Sprecher sind diesmal leider nicht in Höchstform: der Erzähler hat zu lange Texte und weckt mit seinem gemächlich-öligen Timbre - irgendwo zwischen Mackensy-Frohsinn und Fritsch-Theatralik - Erinnerungen an Heile-Welt-Märchenonkel, ohne diese auch nur ansatzweise zu persiflieren. Bernd hat nicht mehr so viele stimmlich-quengelige Kanten und klingt wie mit angezogener Handbremse eingesprochen, bei Bröckchen wurde merklich gepitcht, ohne dass die enervierend hohen Töne stets getroffen werden, Babsis Dialoganteile wirken diverse Male arg unmotiviert bzw. sind sie in Anbetracht ihrer klischeebeladenen Rolle zu ausführlich und irgendwie zu normal; nur Baul ist einigermaßen der alte geblieben. Ebenso im vertrauten Sound kommt die Musik in eindeutigen Anlehnungen an Carsten Bohn & Co. daher, wird allerdings sehr konventionell eingesetzt; die Geräuschkulisse wirkt erstaunlich synthetisch und bleibt blass.
Fazit: Man konnte bereits befürchten, dass die dritte CD der Ferienbande hinter das Niveau ihrer Vorgänger zurückfallen würde; aber dass sie so weit hinterherhinkt, überrascht dann doch. Hoffen wir dennoch, dass die Ferienbande WortArt treu bleibt, denn wie wäre es zur Abwechslung mal mit einem Live-Album oder einer Werkschau der Radiocomedy-Stücke? Nach solchen Veröffentlichungen, die die ganze Bandbreite des Konzepts dokumentieren würden, freuen wir uns gerne auf die vierte CD-Folge - in der Hoffnung, dass die Macher ihre Figuren nicht erneut durch eine unausgereifte Geschichte schmuggeln.
Sven Haarmann (rocky-beach.com), 10.01.2008 |